Artikel 14.04.2023

Die Pläne der Gentechnik-Lobby stoppen

  • Gentechnik
foodwatch/Ronald Talasz

Die Gentechnik-Lobby arbeitet an ihrem nächsten Coup: Sie setzt gerade alles daran, dass „neue“ Gentechnik ohne Sicherheitsprüfung und ohne Kennzeichnung in den Supermarktregalen landet. Mit den gentechnikfreien Lebensmitteln könnte es dann vorbei sein. Ohne Kennzeichnung von Saatgut oder Futtermitteln können Hersteller Gentechnikfreiheit nicht mehr garantieren. Und wir Konsument*innen können uns nicht mehr sicher sein, was im Einkaufswagen landet. Doch noch gibt es Hoffnung …

Die Gentechnik-Lobby arbeitet seit Jahren daran, die Gentechnik-Gesetze zu ihrem Vorteil zu verändern. Sie will die verpflichtende Risikoprüfung und Kennzeichnung für „neue“ gentechnisch veränderte Pflanzen, Tiere und Lebensmittel abschaffen. Millionen werden in die Hand genommen, um Politiker*innen, Wirtschaftsvertreter*innen und Behörden von ihren Plänen zu überzeugen. Mit gravierenden Folgen.

Fehlende Transparenz in der Produktionskette

Kommt die Gentechnik-Lobby mit ihren Plänen durch, kaufen wir bald gentechnisch veränderte Lebensmittel, ohne es zu wissen. Mehr noch: Selbst Bauern und Bäuerinnen wissen dann nicht mehr, ob sie Gentechnik anbauen. Denn auch das Saatgut ist dann nicht mehr gekennzeichnet. Lebensmittelhersteller erfahren nicht mehr, ob ihre Zutaten gentechnisch verändert sind. Und wir Konsument*innen haben im Supermarkt keine Chance mehr herauszufinden, wo Gentechnik drin ist und wo nicht.

Das EU-Gentechnik-Gesetz wackelt

Die EU-Kommission hat ihr Ohr immer wieder sehr nah an denjenigen, die von der „neuen“ Gentechnik profitieren. Schon bald könnte sich entscheiden, ob die Gesetze – entsprechend den Wünschen der Gentechnik-Industrie – neu geschrieben werden. Die nächsten Wochen sind entscheidend. Noch im Frühsommer will die EU-Kommission einen neuen Gesetzestext vorschlagen.

Wir halten dagegen

foodwatch Österreich arbeitet gemeinsam mit zahlreichen anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen unermüdlich daran, der Gentechnik-Lobby die Stirn zu bieten. foodwatch hat zum Beispiel Ende März seinen Experten Lars Neumeister nach Brüssel entsandt. Im EU-Parlament hat er klar gemacht, dass die Rechte der Konsument*innen auf klar gekennzeichnete, sichere Lebensmittel nicht verhandelbar sind. Und dass man sich auf die Versprechen der Gentechnik-Lobby nicht verlassen kann …

Was uns die Gentechnik-Lobby schon damals versprach

Die Versprechen, mit denen die Gentechnik-Lobby die Politiker*innen weltweit ködern will, sind nicht neu: Als die Gentechnik-Industrie in den 1990ern die ersten Trans-Gen-Pflanzen auf den Markt bringen wollte, kündigte sie wahre Wunder an. Die Gentechnik würde beständig mehr Erträge liefern, die Pflanzen würden Dürre standhalten, sogar der Welthunger wäre mit Gentechnik zu besiegen.

… nichts davon ist eingetroffen

Stattdessen wachsen auf den Gentechnik-Feldern kaum bezwingbare Super-Unkräuter. Der Pestizid-Einsatz ist massiv gestiegen. Bauern und Bäuerinnen haben ihr Saatgut, ihre Ernte und ihre Lebensgrundlage verloren.

„Neue“ Gentechniken – alte Versprechen  …

2012 ist eine neue Gentechnik aufgetaucht: CRISPR/Cas[1]. Wieder sollen die tollsten Dinge möglich sein: von der Wiederauferstehung des Mammuts[2] bis zur klimafitten Pflanze. Und sogar nachhaltiger sollen die „neuen“ Gentechnik-Pflanzen sein. Nichts davon ist bisher gelungen. Ganz im Gegenteil. Schon jetzt ist klar: Auch die „neue“ Gentechnik wird uns nicht helfen, Pestizide einzusparen. Und ein riesiges Problem wird dabei außer Acht gelassen: Auf unerwünschte Nebenwirkungen wird viel zu wenig geachtet. Dabei gibt es schon jetzt Hinweise auf unbeabsichtigte Veränderungen bei Pflanzen und Tieren.[3]

„Neue“ Gentechnik – neue Profite?

Doch die Gentechnik-Lobby wittert ihre neue Chance. Weil die „alte“ Gentechnik nicht sehr beliebt ist, versucht man aus der „neuen“ Profite zu schlagen. Möglichst unerkannt soll sie in die Supermarktregale wandern. Ohne Risikoprüfung, ohne Kennzeichnung. Damit das gelingt, versuchen die Gentechnik-Konzerne mit aller Kraft, die „neue“ Gentechnik aus dem EU-Gentechnik-Gesetz raus zu lobbyieren.

Das Gentechnik-Gesetz muss bleiben

Das EU-Gentechnik-Gesetz besagt: gentechnisch veränderten Organismen müssen auf ihre Risiken für Mensch, Tier und Umwelt überprüft werden. Sie müssen ein Zulassungsverfahren durchlaufen und sie müssen entsprechend gekennzeichnet werden. Egal ob „alte“ oder „neue“ Gentechnik: Auf dem Saatgutsack beim Großhändler, auf dem Futtermittelsack für die Schweine oder auf der verpackten Schokolade muss draufstehen, wenn Gentechnik drin ist.

Geht es nach der Gentechnik-Lobby, soll das für die „neue“ Gentechnik nicht mehr gelten.

Ein absurdes Beispiel aus dem Gen-Labor

Die „neue" Gentechnik bringt absurde Dinge hervor: Im Jänner 2021 haben die japanischen Behörden eine CRISPR-Tomate zum Verzehr freigegeben. Die gentechnisch veränderte Tomate soll den Blutdruck senken. Dafür verantwortlich ist die γ-Aminobuttersäure (GABA). Sie wirkt auf das Zentralnervensystem. Ob der Verzehr der Tomate auch unerwünschte Nebenwirkungen hat, darauf wurde nicht geachtet. Geht es nach den Wünschen der Gentechnik-Lobby, wären die jetzt noch verpflichtenden Sicherheits-Checks auch in der EU bald Geschichte.

Eine starke Stimme aus Österreich

Erst vor wenigen Wochen hat die österreichische Ministerin Leonore Gewessler sich in Brüssel klar für unsere Rechte als Konsument*innen auf sichere und transparente Lebensmittel eingesetzt. Auch Konsumentenschutzminister Johannes Rauch will sich dafür stark machen. Denn egal ob alte oder neue Methoden: Gentechnik-Lebensmittel müssen weiterhin auf ihre Risiken geprüft und klar gekennzeichnet werden!

foodwatch fordert: Wo Gentechnik drin ist, muss auch Gentechnik draufstehen. Egal ob „alt“ oder „neu“. Weil wir Konsument*innen ein Recht auf klare Informationen zu unseren Lebensmitteln haben.


[1] „CRISPR/Cas - Beschreibung der Technik“: Mai 2021, Fachstelle Umwelt und Gentechnik

[2] „Die Mammuts kommen zurück“: 13.Oktober.2021, Futurezone

[3] „Inhärente Risiken von CRISPR/Cas-Anwendungen“: Juni 2021, Fachstelle Gentechnik und Umwelt