Hintergrund

Mineralöl - dazu arbeitet foodwatch schon lange

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Verunreinigungen durch Mineralöl finden sich in vielen verschiedenen Lebensmitteln. Das ist ein Problem, denn einige Mineralöle sind gesundheitlich sehr bedenklich. foodwatch hat 2013 damit begonnen, sich näher damit zu befassen. Inzwischen haben wir viele verschiedene Produktgruppen in mehreren Ländern testen lassen. Besonders sensibel waren Babymilchpulver. Was foodwatch erreicht hat: Für Babymilch wurden Grenzwerte eingeführt. Doch das ist zu wenig. Wir fordern ein EU-weites Gesetz, damit Mineralöl-Verunreinigungen nicht mehr in Lebensmitteln vorkommen.

Wie alles begann – erste Hinweise auf Mineralöl in Lebensmitteln

Als foodwatch sich in Deutschland zum ersten Mal mit Mineralöl-Rückständen befasst hat, konnten unsere Kolleg*innen nicht wissen, was sie damit ins Rollen bringen – und welche Kreise das ziehen würde.

Aufmerksam wurden sie auf das Thema, weil die Stiftung Warentest im Jahr 2012 Mineralöl-Rückstände in Adventkalenderschokolade gefunden hatte. Quelle war offenbar die Kartonverpackung: Das Recycling-Papier war mit Rückständen von mineralölhaltigen Farben belastet.

Ein Insider meldet sich bei foodwatch

2013: Unsere Kolleg*innen von foodwatch Deutschland erhalten den Anruf eines Brancheninsiders. Der liefert wichtige Hintergrundinformationen zu Mineralölen in Lebensmitteln. foodwatch arbeitet sich immer tiefer ins Thema ein. Kolleg*innen besuchen Fachveranstaltungen. Sie führen zahlreiche Gespräche mit Expert*innen aus verschiedensten Branchen.

foodwatch veröffentlicht den ersten internationalen Mineralöl-Test

Herbst 2015: foodwatch veröffentlicht den ersten großen internationalen Mineralöl-Test. Unseren Kolleg*innen aus den foodwatch Büros in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden lassen insgesamt 120 Lebensmittel analysieren. 43 Prozent enthalten die besonders gefährlichen „aromatischen“ Mineralöle. Die stehen im Verdacht, krebserregend und erbgutschädigend zu sein. foodwatch fordert die EU-Kommission auf, endlich Grenzwerte für potenziell gefährliche Mineralöle einzuführen. Für alle Lebensmittelverpackungen aus Papier sollen sogenannte „funktionelle Barrieren" vorgeschrieben werden. Eine Möglichkeit wäre eine dünne Schicht auf dem Karton, die den Übergang von gefährlichen Stoffen auf Lebensmittel verhindern soll.

Erster Teilerfolg: Einige Hersteller ändern ihre Verpackung

Der Test schlägt Wellen. Mehr als 115.000 Bürger*innen in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden unterstützen die E-Mail-Protestaktion von foodwatch. Erste Hersteller ändern daraufhin ihre Verpackung. Handelsketten geben ihren Lieferanten vor, Mineralöl-Belastungen zu vermeiden. Doch der erhoffte Durchbruch – endlich wirksame Grenzwerte – bleibt aus. foodwatch testet deshalb weitere Produkte und fordert deren Rückrufe.

Erste Reaktionen der EU-Kommission

Januar 2017: Als Reaktion auf den großen foodwatch Test kündigt die EU-Kommission ein Monitoring-Programm für Mineralöl in Lebensmitteln an. Hinter den Kulissen sind Expert*innen höchst unzufrieden über den weitgehenden Stillstand. Vor allem zwei Player tun sich hervor, Nestlé und Danone. Sie zweifeln die Aussagekraft der Analyseverfahren an. Uns wird klar: Dagegen müssen wir angehen, und zwar mit neuen Tests.

Babymilchpulver ist mit Mineralöl belastet

Oktober 2019: Die foodwatch Büros in Berlin, Amsterdam und Paris veröffentlichen gemeinsam einen weiteren großen Test: jetzt zu Babymilch-Pulver. Drei Labore mit exzellenten Referenzen untersuchen unabhängig voneinander und mit unterschiedlichen Analysemethoden die Produkte. foodwatch achtet penibel darauf, dass die Testverfahren exakt den im April 2019 veröffentlichten Vorschriften der EU-Kommission entsprechen. Das erschreckende Ergebnis: Säuglingsmilch von Nestlé und Novalac ist mit Mineralöl belastet.

Dann geht alles ganz schnell: Einen Tag nach der Veröffentlichung informiert die EU-Kommission über ihr Schnellwarnsystem alle Mitgliedsstaaten. Während im foodwatch Büro die Anrufe besorgter Eltern die Telefone heißlaufen lassen, verkauft Nestlé ungerührt weiter seine Produkte. Der Großkonzern behauptet, das Milchpulver sei „absolut sicher“.

Falsche Test-Methodik in Industrie-Laboren lieferte falsche Ergebnisse

Dezember 2019: Industrievertreter sind auf einem eigens anberaumten Expert*innen-Meeting der EU-Kommission auffällig kleinlaut. Denn um auf die Tests von foodwatch zu kontern, hatten sie eigene Analysen in Auftrag gegeben, die Expert*innen aber sind sich einig: Die Industrielabore fanden nur dank falscher Methodik keine Rückstände.

Verunreinigungen in Babymilch stammen von Palmöl

Februar 2020: Von einer Journalistin der Nachrichtenagentur Reuters aus Malaysia erfährt foodwatch, dass Nestlé Druck auf Palmöllieferanten ausübt. Diese sollen die Mineralöl-Rückstände in Palmöl reduzieren. Produzenten hatten offenbar Palmkerne auf heißen Asphaltflächen aufgeschlagen und Maschinenschmierstoffe verwendet, die nicht für Lebensmittel geeignet sind. Dadurch sickerten gesundheitsschädliche Rohölverbindungen in das weltweit am meisten konsumierte Speiseöl. Jetzt ist für foodwatch klar: Die Mineralöl-Verunreinigung in der Babymilch muss maßgeblich aus dem Palmöl stammen. Und: Nestlé und Co. hätten genau das schon viel früher wissen können – und müssen.

Ein Grenzwert für Mineralöl in Babymilch wird eingeführt

Juni 2020: Das zuständige Expert*innengremium der EU-Kommission einigt sich erstmals auf einen Grenzwert für Mineralöl. Dieser ist noch nicht streng genug und vor allem – nur für Babymilchpulver gültig. Aber dennoch: Wir sind unserem langjährigen Ziel eines strikten Höchstwerts für gefährliche Mineralöle in allen Lebensmitteln einen Schritt nähergekommen.

Doch immer noch fehlen strikte Grenzwerte, die für Mineralöl-Verunreinigungen in allen Lebensmitteln gelten. Überall in der EU.

Gefährliches Mineralöl muss endlich raus aus allen Lebensmitteln

Dezember 2021: Wieder hat foodwatch Lebensmittel auf Mineralöl-Rückstände testen lassen. Erstmals war auch foodwatch Österreich dabei. Insgesamt ließen wir 152 Produkte in 5 Ländern testen: in Österreich, Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Und wieder wurden die Labore fündig. Diesmal wurden in 12 Prozent aller Lebensmittel die potenziell krebserregenden aromatischen Mineralöl-Rückstände nachgewiesen.

Wir fordern jetzt die EU-Kommission und die Regierenden aller 27 Mitgliedsstaaten auf, dass sie endlich die gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, damit Lebensmittel nicht mehr mit potenziell gesundheitsgefährdenden Mineralöl-Rückständen belastet sind. Denn Mineralöl hat in Lebensmitteln nichts verloren!

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