Nachricht 08.03.2018

Bringt's das? Lebensmittel-Onlinehändler im Vergleich

Draußen ist es nass und kalt, die Familie liegt hustend im Bett – warum also nicht mal den Wocheneinkauf online machen, statt im Supermarkt? Zwar kaufen in Deutschland die meisten noch selbst im Laden ein, doch der Onlinehandel mit Lebensmitteln gilt als Zukunftstrend. foodwatch hat das zum Anlass genommen, fünf Online-Lebensmittelhändler mit Testeinkäufen unter die Lupe zu nehmen. Probleme gab es vor allem bei Angaben zur Herkunft. Auch Verpackungsmüll war ein großes Thema. 

Eingekauft haben die Testkäufer beim Rewe-Lieferdienst, Amazon Fresh, Allyouneedfresh, Mytime und dem zu Edeka gehörenden Anbieter Bringmeister. Bei Aspekten wie Pünktlichkeit, Vollständigkeit oder Zustand der gelieferten Produkte schnitten die Shops überwiegend gut ab. Allerdings verstießen sie in vielen Fällen gegen Informations- und Kennzeichnungsvorgaben.

13 mögliche Herkunftsländer für Trauben bei Amazon

So muss bei frischem Obst und Gemüse eigentlich das Herkunftsland angegeben werden. Gezielt Früchte aus bestimmten Ländern zu kaufen oder zu meiden, ist beim Einkauf online aber oft nicht möglich, denn häufig werden mehrere mögliche Herkunftsländer angegeben – bei Weintrauben im Amazon-Shop sogar 13. Bei Bringmeister fehlten die gesetzlich vorgeschriebenen Herkunftsangaben teilweise komplett. Alle Anbieter zeigten zudem deutliche Defizite im Umgang mit Nutzerdaten und der Barrierefreiheit. Und nicht zuletzt hinterließen die Testkäufe teilweise sehr viel Verpackungsmüll, vor allem Mytime fiel hier negativ auf.


Fotostrecke

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So haben wir getestet

Für den Vergleichstest bestellte foodwatch im November 2017 bei allen Online-Shops jeweils drei Mal einen vorab festgelegten Warenkorb von 21 Produkten – darunter gekühlte Lebensmittel, Tiefkühlprodukte, Obst und Gemüse.

Mehr Verpackungsmüll bei Lieferung auf dem Land

Bei den Lieferbedingungen zeigten sich dabei große Unterschiede: Während man in städtischen Regionen aus bequemen und schnellen Lieferoptionen wählen kann, müssen Menschen auf dem Land mit langen Lieferzeitfenstern, höheren Versandkosten und mehr Verpackungsmüll durch die Paketzustellung rechnen.

„Im Onlinehandel besteht ein echtes Kontrolldefizit, weil die Lebensmittelüberwachung nicht zeitgemäß aufgestellt ist. Die kommunal und offline organisierten Kontrollbehörden sind noch nicht im globalen Online-Zeitalter angekommen. Die zuständigen Lebensmittelkontrolleure schaffen es schlichtweg nicht, neben dem Bäcker vor Ort auch noch die großen Online-Supermärkte und die unzähligen Nischenanbieter im Internet zu kontrollieren, die zufällig ihren Sitz in diesem Ort haben.“
Martin Rücker Geschäftsführer foodwatch Deutschland

Das kostet die Lieferung

Der Warenkorb war bei Allyouneedfresh mit durchschnittlich 49,68 Euro der teuerste, bei Amazon Fresh mit 41,41 Euro der billigste, Rewe und Bringmeister lagen mit 45-46 Euro im Mittelfeld. Ein Preisvergleich der fünf Anbieter ist allerdings nur bedingt möglich, denn die Unterschiede relativieren sich, wenn man Lieferkosten und sonstige Aufschläge mit einbezieht. Bei Amazon Fresh etwa kann nur bestellen, wer eine „Prime“-Mitgliedschaft für 69,90 Euro jährlich und ein „Fresh“-Abonnement für 9,99 Euro monatlich abschließt. Bei Bringmeister, Rewe und Allyouneedfresh hängen die Liefergebühren maßgeblich davon ab, wie viel bestellt wird und in welchem Zeitfenster geliefert werden soll. 

Datenschutz und Barrierefreiheit

Beim Datenschutz hatten sämtliche Anbieter Defizite: Jede Datenschutzerklärung wies Mängel oder unklare Formulierungen auf. Alle Shops verlangten zum Beispiel die Angabe des Geburtsdatums – obwohl dies nur bei einer Bonitätsprüfung (zum Beispiel für eine Zahlung auf Rechnung) erforderlich ist. Bis auf Allyouneedfresh setzten zudem alle Webseiten eine erstaunlich hohe Zahl sogenannter Tracker ein, die – meist völlig unbemerkt –  Informationen über das Nutzerverhalten sammeln und auswerten. Auch bei der Barrierefreiheit fielen durchweg alle Anbieter durch, wie eine Prüfung der Webseiten durch den Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg (BSVH) für foodwatch ergab. 

Kurzübersicht über die fünf Online-Shops im Test

Gesetzliche Kennzeichnungsvorgaben einhalten! 

foodwatch fordert die Onlinehändler auf, ihrer gesetzlichen Kennzeichnungspflicht nachzukommen: Alle Informationen, die Verbraucherinnen und Verbraucher im Supermarkt zu einem Produkt erhalten, müssen auch im Internet leicht auffindbar sein. Zudem ist die Politik gefordert, die Überwachung von Online-Lebensmittelhändlern auf Bundesebene neu zu organisieren. 

Bild: shutterstock.com/Ljupo Smokovski - Montage: foodwatch

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