Nachricht 12.11.2015

EFSA legt Risikobewertung vor – jetzt muss Politik entscheiden

Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat heute ihre Risikobewertung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat vorgelegt. Darin geht sie ausführlich auf die Studie der Weltgesundheitsorganisation ein, die das Pflanzenschutzmittel als „wahrscheinlich krebserregend“ einstuft. Diese Einschätzung hält die EFSA offenbar nicht für stichhaltig, ohne sie eindeutig widerlegen zu können. Jetzt muss die EU-Kommission entscheiden, ob Glyphosat in Zukunft noch auf den Äckern eingesetzt werden darf…

Bis Ende Juni 2016 läuft ist EU-weite Zulassung für den Einsatz des Wirkstoffs Glyphosat in Unkrautvernichtungsmitteln befristet. Bis dahin muss die Europäische Kommission entscheiden, ob sie die Zulassung für weitere zehn Jahre erneuert oder nicht. Die heute veröffentlichte Risikobewertung der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA ist dafür eine wesentliche Grundlage.

WHO-Studie sollte erst keine Rolle für Risikobewertung spielen

Anders als zunächst geplant, geht die EFSA in ihrer Risikobewertung ausführlich ein auf die Einschätzung der Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese war im März 2015 – kurz bevor die EFSA eigentlich ihre Einschätzung vorlegen wollte – in einer umfangreichen Studie zu dem Schluss gekommen, dass Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ ist. Mit einer E-Mail-Aktion von foodwatch und dem Umweltinstitut München hatten mehr als 115.000 Menschen in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden die EFSA aufgefordert, die IARC-Studie in ihrer Risikobewertung zu berücksichtigen. Tatsächlich verschob die EFSA die Vorlage ihrer Empfehlung, um die WHO-Analyse unter die Lupe zu nehmen. Die Europäische Kommission verlängerte die laufende Zulassung für Glyphosat um ein halbes Jahr bis Ende Juni 2016. In einem Brief an foodwatch versprach EFSA-Präsident Bernhard Url, die WHO-Einschätzung ernst zu nehmen.

EFSA hält Krebsrisiko für „nicht wahrscheinlich“

Diesem Teilerfolg folgte nun die Ernüchterung: In ihrer heute veröffentlichten Risikobewertung (deutschsprachige Pressemitteilung unter www.efsa.europa.eu/de/press/news/151112) kann die EFSA die Warnung der WHO zwar nicht widerlegen. Doch sie kommt zu einer anderen Bewertung der Studienlage, hält ein Krebsrisiko für  „nicht wahrscheinlich“. Es droht damit eine Zulassung von Glyphosat für weitere zehn Jahre, obwohl die Warnungen der WHO-Krebsforscher weiterhin im Raum stehen.

Jetzt ist die Politik am Zug

Die Wissenschaft liefert keine eindeutigen Antworten – jetzt muss politisch entschieden werden. Die Europäische Kommission muss bis Ende Juni die finale Entscheidung über eine Neuzulassung des Wirkstoffs treffen. foodwatch forderte die Kommission auf, das in der EU vorgeschriebene Vorsorgeprinzip strikt anzuwenden. Dieser Grundsatz besagt: Auch wenn ein Risiko nicht zweifelsfrei belegt ist, muss der Schutz der Gesundheit Vorrang haben. Bei Glyphosat steht der Krebsverdacht weiterhin im Raum – damit fehlt die Grundlage für eine weitere Zulassung. Gleichzeitig forderte foodwatch, auch anderen potenziell riskanten Pflanzenschutzmitteln die Zulassung zu entziehen. Schließlich gilt es zu verhindern, dass der Agrarsektor nach einem Wegfall von Glyphosat auf andere, mindestens ebenso schädliche Mittel ausweicht (mehr zu den Forderungen von foodwatch hier).