Nachricht 30.03.2015

Offener Brief an Merkel: falsche Job-Versprechen für TTIP

Job-Aussichten aufgebauscht: Mit fehlerhaften Zahlen wirbt die CDU in Parteibroschüren und Interviews für das geplante Freihandelsabkommen TTIP. foodwatch forderte Parteichefin Angela Merkel und Generalsekretär Peter Tauber in einem Offenen Brief auf, die Angaben zu korrigieren.

In einer CDU-Broschüre über die „Bedeutung und Inhalte von TTIP“ heißt es: „Die Schätzungen über zusätzliche Arbeitsplätze in der EU reichen von 400.000 bis 1,3 Millionen.“ Eine Aussage, die nachweislich falsch ist. Richtig ist: Beide genannten Zahlen gehen auf das Münchener ifo-Institut zurück. Dabei sind 400.000 zusätzliche Arbeitsplätze jedoch keineswegs die Untergrenze der Schätzungen, sondern der Höchstwert in einer von zwei ifo-Studien. Er ist berechnet worden für ein hypothetisches TTIP-Szenario, über das das ifo-Institut selbst schreibt: „Hier handelt es sich um ein sehr optimistisches Szenario, welches erhebliche Unsicherheiten involviert.“ Bei den 1,3 Millionen Jobs EU-weit handelt es sich um den Höchstwert einer noch optimistischeren Berechnung für ein hypothetisches Szenario einer zweiten ifo-Studie. Insgesamt beginnen die Schätzungen für alle TTIP-Szenarien in den beiden Studien bei rund 12.000 (!) zusätzlichen Stellen EU-weit. Der falsche Eindruck, den Leser der CDU-Broschüre gewinnen müssen, ist, dass die EU in jedem Falle mindestens 400.000 zusätzliche Jobs durch TTIP zu erwarten hätte.

Offener Brief: foodwatch fordert Korrektur

foodwatch forderte die CDU zur Korrektur der Aussagen bis zum 8. April auf. In dem Offenen Brief schrieb foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode: „Wir vermissen eine aufrichtige Abwägung von Chancen und Risiken. Vielmehr haben wir die Wahrnehmung, dass die CDU über die Risiken nicht ernsthaft diskutiert, die Chancen des Abkommens dagegen aufbauscht.“


Falsche Zahlen in Parteibroschüre und Medien

In der genannten Broschüre, erstmals veröffentlicht im Juli 2014, heißt es auch, in Deutschland würden durch TTIP „bis zu 200.000“ Arbeitsplätze neu entstehen. So äußerte sich auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber gegenüber Medien. Auch diese Behauptung kritisierte foodwatch als manipulativ. Sie rundet die optimistischste Schätzung aus den ifo-Studien (die sich für Deutschland auf rund 181.000 zusätzliche Jobs belaufen) nicht nur großzügig auf. Vielmehr bezieht sich auch diese Zahl auf den Höchstwert für das optimistischste, mit erheblichen Unsicherheiten behaftete, hypothetische Szenario einer ifo-Studie. Niedrigere Schätzungen aus anderen Szenarien verschweigt die CDU ebenso wie die vom ifo-Innstitut selbst genannten „Unsicherheiten“ und wie den Umstand, dass es sich bei all den genannten Zahlen um mögliche Gesamteffekte handelt, die nach 10 bis 15 Jahren eintreten könnten. Der jährliche Effekt wäre also ohnehin erheblich geringer.

Positive Effekte werden aufgebauscht

Die Kritik von foodwatch: Die CDU pickt sich die höchsten Zahlen heraus, bauscht diese noch zusätzlich auf, verschweigt wesentliche Einschränkungen und Informationen zur Einordnung: Wer so agiert, informiert nicht aufrichtig über mögliche Beschäftigungseffekte von TTIP. Offenbar geht es darum, die Öffentlichkeit zu manipulieren.

E-Mail-Aktion an Bundestagsabgeordnete gestartet

Um die Auswirkungen von TTIP auf demokratische Prozesse zu thematisieren, startete foodwatch heute eine E-Mail-Aktion unter www.ttip-bundestag.foodwatch.de. Darin können sich Bürgerinnen und Bürger direkt an ihre Wahlkreisabgeordneten wenden.

Lobby-Verbände korrigieren Zahlen

In den vergangenen Wochen hatten bereits zunächst der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft falsche Angaben zu möglichen wirtschaftlichen Effekten von TTIP korrigieren müssen. Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) reagierte in der vergangenen Woche auf einen Offenen Brief von foodwatch: Er überarbeitete eine fehlerhafte Internetseite und löschte ein Redemanuskript von VDA-Präsident Matthias Wissmann, in dem dieser ebenfalls Falschinformationen über die Studien zu TTIP verbreitet hatte.