Nachricht 15.09.2016

Parteikonvent zu CETA: So trickst die SPD-Spitze

In ihrem Leitantrag zu CETA, dem Freihandels­­­abkommen zwischen der EU und Kanada, verspricht die SPD-Spitze Nachbesserungen. Damit sollen die Teilnehmer des Parteikonvents am kommenden Montag überzeugt werden, CETA zuzustimmen. Zwei aktuelle Gutachten von Rechtsexperten zeigen jedoch, dass diese Versprechen nicht haltbar sind:  Ist CETA einmal unterzeichnet und wird vorläufig angewendet, sind Korrekturen nur schwer möglich – und liegen schon gar nicht in den Händen der SPD.

Die SPD-Spitze verspricht Nachverhandlungen zu CETA und will so erreichen, dass die Delegierten auf dem Parteikonvent am Montag in Wolfsburg der Unterzeichnung von CETA zustimmen. Doch ist CETA einmal unterzeichnet, könnte es über Jahre „vorläufig angewendet“ werden – ohne die in Aussicht gestellten Verbesserungen. Kurzfristig Korrekturen durchzusetzen, ist unmöglich. Denn die Bundesrepublik kann nicht einseitig den Inhalt eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen der Europäischen Union und Kanada ändern. Das belegt ein heute veröffentlichtes Gutachten des Völkerrechtlers Prof. Dr. Wolfgang Weiß von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Damit Korrekturen „rechtsverbindlich“ sind, müssten alle Beteiligten zustimmen: der Ministerrat (also die Regierungen aller EU-Staaten), das EU-Parlament sowie Kanada. 

CETA schränkt Handlungsspielraum der Parlamente ein 

In dem Leitantrag der SPD-Spitze heißt es zudem, dass „der politische Gestaltungsspielraum von Parlamenten und Regierungen nicht eingeschränkt werden darf“. Dies kann CETA jedoch gar nicht gewährleisten, wie der Völkerrechtler Prof. Dr. Markus Krajewski von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg in einem weiteren, heute veröffentlichten Gutachten belegt. Darin heißt es: „Alle Freihandelsabkommen, die sich mit nicht-tarifären Handelshemmnissen befassen, enthalten Vorgaben darüber, wie staatliche Regulierungen auszugestalten sind. Hieraus folgt, dass Regulierungen, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, rechtswidrig sind (...)." Insofern würde das Recht eines Staates, Gesetze zu erlassen, durch CETA durchaus eingeschränkt. Den Wortlaut des SPD-Leitantrags hat foodwatch ausführlich analysiert, falschen Versprechungen markiert und richtiggestellt.

Offener Brief an SPD-Delegierte: Bündnis wirbt für „Nein“

In einem Offenen Brief hat foodwatch heute gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, dem Deutschen Kulturrat, Greenpeace und Mehr Demokratie die Delegierten des SPD-Parteikonvents aufgefordert, das geplante Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada abzulehnen. „CETA öffnet die Tür zu einer neuen demokratie-, bürger- und europafeindlichen Handelspolitik. Wir bitten Sie, verhindern Sie das! Machen Sie sich nicht mitverantwortlich und stimmen Sie gegen CETA und dessen vorläufige Anwendung!“, heißt es in dem Schreiben. Die sechs Organisationen kritisieren, dass die SPD-Spitze zwar Verbesserungen in Aussicht stellt, diese jedoch erst nach der Unterzeichnung vorschlagen will. „Wer das Abkommen inhaltlich wirklich verbessern will, darf es deshalb jetzt weder unterzeichnen noch dessen vorläufiger Anwendung zustimmen“, heißt es in dem Brief an die SPD-Delegierten.

Ministerrat soll CETA im Herbst beschließen

Der ausverhandelte CETA-Vertrag soll noch in diesem Herbst im EU-Ministerrat beschlossen, unterzeichnet und anschließend „vorläufig“ angewendet werden. Demnach wären die Regelungen des Abkommens bereits wirksam, bevor die Parlamente in den EU-Mitgliedstaaten darüber abgestimmt haben. In ihrem Leitantrag zum Parteikonvent am kommenden Montag (19. September) in Wolfsburg hat die SPD-Spitze zwar Verbesserungen an CETA in Aussicht gestellt – diese sollen allerdings nicht mehr vor der Vertragsunterzeichnung, sondern erst im parlamentarischen Verfahren erreicht werden, also dann, wenn die Zustimmung der nationalen Parlamente zu CETA eingeholt wird. Dieser Prozess dauert nach allgemeiner Erwartung allerdings mehrere Jahre. Bevor sich der Bundestag also überhaupt erst für Korrekturen an CETA aussprechen kann, wäre das Abkommen längst in Kraft getreten. 

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