Nachricht 06.02.2015

Regierung verschleiert Folgen von TTIP für Entwicklungsländer

Der Studienlage zufolge ist TTIP ein echtes Armutsprogramm für die ärmsten Länder der Welt: Ökonomen rechnen mit drastischen Einkommensverlusten für Menschen in Entwicklungsländern. Doch darüber sprechen weder die deutsche Regierung noch die EU-Kommission. Mehr noch: Die Bundesregierung hat eine dubiose Studie vorgelegt, mit der die erwartbaren negativen Folgen für Entwicklungsländer verschleiert werden.

Am 21. Januar hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine Studie des ifo-Instituts vorgestellt, der zufolge ein Freihandelsabkommen zwischen EU und USA keine nennenswerten negativen Folgen auf Entwicklungsländer habe. Ein Vertreter der Europäischen Kommission bezeichnete TTIP daraufhin nach Medienangaben als „Goldgrube“ für Entwicklungsländer. 

Studie 2013: „Dramatische“ Verluste für Entwicklungsländer

In einer für die Bertelsmann Stiftung im Jahr 2013 erstellten Studie hatte das ifo-Institut unter Federführung desselben Autors dagegen noch vor „dramatischen“ Verlusten für Entwicklungsländer („Verlierer“) gewarnt und – je nach Ausgestaltung des TTIP-Abkommens – berechnet, dass mal die Menschen in Ländern wie Guinea mit einem Real-Einkommensverlust von minus 7,4 Prozent, mal die Menschen in Botswana mit minus 4,1 Prozent zu rechnen hätten. 

Neue Studie: Unrealistische Annahmen schönen Folgen von TTIP

Das ifo-Institut rückt von diesen Berechnungen nicht ab, hat für die neue Studie im Auftrag des BMZ jedoch seine Annahmen verändert:

  • Das ifo-Institut unterstellt in der BMZ-Studie, dass es zu so genannten „Spillover-Effekten“ kommt – dass TTIP also auch zu Handelserleichterungen in Drittländern außerhalb der Freihandelszone führe. Das ifo-Institut selbst schreibt jedoch: „Die empirische Evidenz für diese Annahme ist allerdings dünn.“
  • Die genannten (unwahrscheinlichen) Spillover-Effekte sind laut ifo-Institut allerdings unabdingbare Voraussetzung, um die erwarteten negativen Folgen von TTIP für Entwicklungsländer abzumildern. Um die Spillover-Effekte „möglichst wahrscheinlich“ zu machen, sprechen die Ökonomen eine Reihe von „Empfehlungen“ aus, vom Abbau von Zöllen bis zu „die [Welthandelsorganisation] WTO reformieren“. Diese Vorschläge sind jedoch größtenteils unrealistisch, stehen überhaupt nicht auf der politischen Agenda oder liegen in der Entscheidungskompetenz Dritter. So werden durch ein ganzes Bündel von unrealistischen Annahmen die erwarteten negativen Effekte „weggerechnet“.
  • Zudem hat das ifo-Institut „Expertengespräche“ durchgeführt, in denen vor allem Wirtschaftslobbyisten, d. h. potenzielle TTIP-Profiteure, die Einschätzung vertraten, dass die negativen Folgen von TTIP „nicht bedeutend“ seien. Die Aussagen flossen zwar nicht in Modellberechnungen ein, prägen jedoch das Gesamtbild der Studie.

Eine ausführliche Auswertung der beiden ifo-Studien hat foodwatch in einem Hintergrundpapier veröffentlicht. Letztlich erwähnen die Wissenschaftler den entscheidenden Hinweis in ihrer Studie für das Bundesministerium selbst nach Durchsicht des Verhandlungsmandats, das die Regierungen der EU-Staaten der Europäischen Kommission erteilt haben: „Die entwicklungspolitische Verträglichkeit wird allerdings unter den Zielen des Abkommens nicht explizit gefordert.“

Mehr Wohlstand für uns, mehr Armut anderswo?

Wohlstand für alle – so heißt sinngemäß das Argument, mit dem die TTIP-Befürworter das Abkommen durchsetzen wollen. Dieselbe Bundesregierung, die mangelnde Transparenz bei den TTIP-Verhandlungen beklagt, schweigt die erwarteten Folgen von TTIP für Entwicklungsländer erst tot und tut jetzt auch noch so, als sei alles doch gar kein Problem – mithilfe einer Studie, die die Grenze zur Unseriosität deutlich überschritten hat. 

Unterzeichnen Sie jetzt die Europäische Bürgerinitiative, um TTIP mit seinen negativen Folgen für Entwicklungsländer zu stoppen!