Nachricht 26.01.2016

TTIP-Leseräume als Hochsicherheitstrakt

Gut zweieinhalb Jahre nach Beginn der Verhandlungen über das transatlantische Handelsabkommen TTIP sollen Bundestagsabgeordnete Einblick in wichtige Verhandlungsdokumente erhalten. In der kommenden Woche soll dazu ein Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium eröffnet werden. Strenge Auflagen und Restriktionen für die Parlamentarier verhindern jedoch weiterhin die dringend benötigte öffentliche Debatte über den europäisch-US-amerikanischen Vertrag.

Abgeordnete dürfen die Leseräume an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten und nur nach Voranmeldung nutzen – für die Dokumenteneinsicht haben EU-Kommission und USA zudem strenge Bedingungen ausgehandelt, wie das Bundeswirtschaftsministerium gegenüber foodwatch bestätigte:

  • Abgeordnete dürfen die Dokumente nur unter Aufsicht einsehen;
  • vorher müssen sie eine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnen, in der sie zusichern, den Inhalt der Dokumente nicht mit unbefugten Dritten zu teilen;
  • Handys, Laptops und andere elektronische Geräte sind nicht erlaubt;
  • die Parlamentarier dürfen sich handschriftliche Notizen machen, aber keine Kopien der Dokumente anfertigen.

Leseraum für Abgeordnete als Hochsicherheitstrakt

Dass Abgeordneten nun Einsicht in Dokumente erhalten, ist längst überfällig – die Bedingungen dafür kritisiert foodwatch jedoch als inakzeptabel. Aus dem Leseraum wird eine Art Hochsicherheitstrakt gemacht und Dokumente, die alle Bürgerinnen und Bürger angehen, werden behandelt wie militärische Geheimpapiere. Ausgerechnet beim Freihandel sollen Abgeordnete ihr freies Mandat mit einer Schweigepflicht einschränken – foodwatch findet: Das passt nicht zusammen. Der Zugang zu den Papieren wird zwar gewährt, die dringend nötige öffentliche Debatte über TTIP jedoch weiterhin unterbunden.

TTIP-Geheimverhandlungen schaden der Demokratie

foodwatch fordert: Das transatlantische Abkommen soll tief in die Bereiche unseres täglichen Lebens eingreifen, deshalb müssen Abgeordnete und Öffentlichkeit darüber diskutieren können. Es ist schädlich für die Demokratie, dass grundlegende gesellschaftspolitische Fragen im Geheimen verhandelt werden. Es muss jetzt eine Debatte stattfinden. Ist der Vertrag erst fertig ausgehandelt, wird es zu spät sein: Denn die Parlamentarier können dazu nur „Ja“ oder „Nein“ sagen, aber nichts am Text verändern.