Nachricht 11.08.2014

Verordnung schützt nicht vor Giften in Lebensmittelpackungen

Das Bundesernährungsministerium will das Problem krebserregender Gifte aus Lebensmittelverpackungen angehen. Die Gefahr, die von Verpackungen, Papptellern oder Papierservietten ausgeht, sollte minimiert werden, sagte ein Sprecher in Berlin. Doch das entscheidende Problem bleibt bestehen: In Recyclingkartons, in denen Lebensmittel verpackt sind, befinden sich Hunderte von teils hochgiftigen Chemikalien, die im Verdacht stehen Krebs auszulösen oder das Erbgut zu schädigen.

Das Bundesernährungsministerium plant (wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet), der EU-Kommission eine neue Verordnung für Druckfarben vorzulegen. Darin soll geregelt werden, welche chemischen Substanzen in Farben enthalten sein dürfen, mit denen zum Beispiel Lebensmittelpackungen bedruckt werden. Länderbehörden hätten wiederholt Überschreitungen von zulässigen Höchstgehalten bei Druckfarben festgestellt. Zudem seien auch immer wieder erhöhte Mineralölwerte in Lebensmittelverpackungen aufgetaucht. Hier solle es künftig Grenzwerte geben, sagte der Ministeriumssprecher. Das Ministerium wolle eine „Positivliste“ erstellen: Farben, die Stoffe enthalten, die nicht getestet seien und also nicht auf der Liste auftauchten, seien dann nicht mehr erlaubt. 

Giftige Stoffe in Recyling-Verpackungen von Lebensmitteln

foodwatch kritisiert: Das eigentliche Problem – der Übergang von giftigen Stoffen aus Recyclingpapier auf Lebensmittel – geht Ernährungsminister Christian Schmidt nicht an. In Lebensmittelverpackungen sind Hunderte, teils hochgradig gesundheitsgefährliche Chemikalien enthalten, die vielfach auf die verpacken Lebensmittel übergehen. Besonders problematisch ist das bei haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln oder Frühstücksflocken, die über einen längeren Zeitraum in einer Verpackung aus Recyclingpapier lagern. Sogar aus unbedruckten Wellpappe-Palettenverpackungen wandern diese Substanzen durch die Einzelkartons ins Lebensmittel.

Ernährungsministerium kennt Problem seit Jahren

Aus Sicht von foodwatch besonders kritisch: Seit mindestens zwei Jahren weiß die Bundesregierung aus eigener umfangreicher Forschung um das Ausmaß des Problems. In einer Studie im Auftrag des Ernährungsministeriums wiesen Forscher bereits im Jahr 2012 mehr als 250 Substanzen nach, die aus den Kartons in die Lebensmittel übergehen können, darunter krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Klebstoffe, Weichmacher und Photoinitiatoren. Auch die einzig mögliche Lösung benennen die Wissenschaftler: die verpflichtende Verwendung einer geeigneten Barriereschicht, welche den Übergang der gefährlichen Chemikalien aus den Verpackungen zuverlässig unterbindet. Längst gibt es dazu geeignete Lösungen auf dem Markt, aber die Lebensmittelindustrie scheut die Zusatzkosten. (Eine Zusammenfassung von foodwatch mit den wichtigsten Ergebnissen der Studie gibt es hier.)

Bereits jetzt sind Lebensmittelhersteller gesetzlich verpflichtet, nur sichere Produkte auf den Markt zu bringen. Die Unbedenklichkeit ihrer Verpackungen müssen sie den Behörden auf Nachfrage nachweisen (EU-Verordnung 2023/2006 zur „Guten Herstellungspraxis“) – bislang verzichten die Behörden jedoch offenbar auf die Einholung entsprechender Nachweise. Kann ein Hersteller nicht nachweisen, dass aus der Verpackung keine gesundheitsgefährdenden Substanzen ins Lebensmittel gelangen können, so muss nach Auffassung von foodwatch die zuständige Behörde die Ware aus dem Regal nehmen.

(mit dpa)