Nachricht 11.01.2011

Mit wenigen Stichproben auf der Suche nach Dioxin

Der Skandal um dioxin-belastete Futtermittel rückt die Rolle staatlicher Kontrollen in den Fokus. Für die Überwachung sind die Bundesländer zuständig – doch die Arbeit der amtlichen Kontrolleure gleicht einer Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.

Egal ob BSE, Nitrofen oder – wie im aktuellen Fall – Dioxin: Die großen Lebensmittelskandale der vergangenen Jahre hatten alle ihren Ursprung in Futtermitteln. Welche Rolle spielt dabei die staatliche Kontrollen von Futtermitteln?

Für Futtermittelkontrollen sind die Länder zuständig

Futtermittelkontrolle ist Aufgabe der jeweiligen Bundesländer. Koordiniert werden die amtlichen Kontrollen nach dem "Rahmenplan für die Kontrollaktivitäten im Futtermittelsektor". Dieser orientiert sich an den rechtlichen Verpflichtungen sowie den Ergebnissen der amtlichen Futtermittelüberwachung der Vorjahre. Die jeweiligen Bestimmungen für die durch die Bundesländer durchzuführenden Analysen erfolgt auf Grundlage der Mischfutterproduktion und des Aufkommens an Einzelfuttermitteln. Bei Dioxinuntersuchungen liegt der Schwerpunkt auf getrockneten Einzelfuttermitteln, Grundfutter aus Belastungsgebieten, Fischprodukten, Bindemitteln und Fließhilfsstoffen sowie Spurenelementverbindungen.

Der Rahmenplan für die Jahre 2007 bis 2011 sieht folgende Tests vor:

  • Jedes Jahr sollen 11.300 Mal (Analysenzahl Ist 2005: 18.246) Einzelfuttermittel auf unerwünschte Stoffe hin untersucht werden, davon 750 Mal (Analysenzahl Ist 2005: 896) auf Dioxin.
  • In Mischfuttermitteln soll es jedes Jahr 865 (Analysenzahl Ist 2005: 594) Dioxin-Tests geben.
  • In Futtermittelvormischungen soll es jedes Jahr 44 (Analysenzahl Ist 2005: 53) Untersuchungen auf Dioxine geben.
  • In Futtermittelzusatzstoffen soll es jedes Jahr 70 (Analysenzahl Ist 2005: 55) Dioxin-Tests geben.

Damit soll es jährlich insgesamt 1.729 (Analysenzahl Ist 2005: 1.598) behördliche Untersuchungen auf Dioxin in Futtermitteln geben. Die Verteilung auf die Bundesländer ist spezifisch geregelt.

Kontrollen für QS-Betriebe

Betriebe, die sich an dem freiwilligen QS-Prüfsystem der Wirtschaft beteiligen, unterliegen weiteren Selbstverpflichtungen. Für QS-Mitglieder ist festgelegt, auf welche Parameter sie die Einzelfuttermittel mindestens untersuchen müssen. Die Analysehäufigkeit richtet sich nach der Jahresmenge an QS-Futtermitteln je Betriebsstätte.

Bis zu 50 Prozent der Kontrollen auf die zu untersuchenden Parameter können in den Rohwaren, also beim Wareneingang bzw. in den Zwischenprodukten (falls vorhanden), untersucht werden – soweit eine Kontamination und Anreicherung an unerwünschten Stoffen während des Produktionsprozesses ausgeschlossen ist. Die Parameter Dioxine und dioxinähnliche PCB können durch eine Kombinationsuntersuchung analysiert werden.

Die Analysen sind nach den QS-Vorgaben über das Jahr systematisch zu verteilen. Wenn Einzelfuttermittelhersteller beim Auditieren sehr gut abgeschnitten haben, kann durch QS eine Reduzierung der Testhäufigkeit erfolgen. QS wollte sich bisher nicht dazu äußern, ob es eine solche Verminderung der Testanforderung bei der an dem aktuellen Dioxin-Skandal beteiligten Firma Harles & Jentzsch gegeben hatte.

foodwatch fordert gesetzliche Pflicht für Dioxin-Tests

Unabhängig von diesen Fragen: Die QS-Vorgaben bleiben eine freiwillige Selbstverpflichtung. Wann was in einem Betrieb analysiert wurde, ist wenig transparent. Und vor allem fehlt es an Sanktionsmöglichkeiten für die Behörden, wenn gegen die Selbstverpflichtung verstoßen wird. foodwatch fordert deshalb eine gesetzliche Pflicht für Dioxin-Tests – und zwar für jede Charge jeder einzelnen Futtermittelzutat. Das würde es auch den staatlichen Kontrolleuren möglich machen, die Unterlagen über diese Tests einzusehen.

Denn solch umfassende Kontrollen können die amtlichen Prüfer selbst nicht leisten. Selbst wenn es zehn Mal so viele staatliche Kontrolleure gäbe wie heute – sie könnten auch dann nur Stichproben nehmen. Ob sie hoch mit Dioxin belastete Chargen entdecken oder nicht, bliebe weitgehend dem Zufall überlassen.