Frage des Monats 17.02.2017

Ingwer-Tee, Hühnersuppe, Zwiebeln – oder doch lieber ein warmes Bier? Fünf Hausmittel gegen Erkältung auf dem Prüfstand

Antwort der Ernährungsexpertin Alice Luttropp:

Wenn der Hals schmerzt, die Nase tropft oder die Bronchien pfeifen, dann greifen wir gerne zu alt bekannten Hausmitteln. Auf viele von ihnen hat schon unsere Urgroßmutter geschworen, im Internet finden sich Erkältungstipps ohne Ende. Und allzu häufig hoffen wir, mit bestimmten Lebensmitteln schneller gesund zu werden. Wir blicken auf die fünf wohl bekanntesten Hausmittel.

Ingwer-Tee

Ein Dauerbrenner unter den Hausmitteln gegen Erkältung ist der Ingwer, dem eine entzündungshemmende, antibakterielle und schmerzlindernde Wirkung nachgesagt wird.

Wer erkältet ist und heißen Ingwer-Tee trinkt, der kommt ins Schwitzen, kann freier durchatmen und spürt oft sofortige Linderung bei Halsschmerzen. So zumindest die Erfahrungswerte vieler Menschen.

Dafür verantwortlich könnten unter anderem im Ingwer enthaltende Scharfstoffe, die Gingerole und Shogaole sein: Sie sollen das Cyclooxygenase-Enzymsystem hemmen und damit einen schmerzlindernden Effekt haben, wie schon in mehreren Studien zum Thema Gelenkschmerzen erforscht wurde. Außerdem wird den Scharfstoffen ein anti-entzündlicher Effekt nachgesagt. Zusätzlich enthält die frische Knolle ätherische Öle, Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine, die als Antioxidantien wirken und das Immunsystem unterstützen können.

Dennoch: Wissenschaftliche Belege zum Einsatz von Ingwer bei Erkältung gibt es noch nicht. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA bestätigt lediglich, dass Ingwer geeignet ist, um Übelkeit beim Reisen vorzubeugen.

Honig

Ein Glas heiße Zitrone mit Honig soll bei Erkältung Wunder wirken – sagt der Volksmund. Honig soll demnach den Hustenreiz lindern und Bakterien den Garaus machen. Tatsächlich enthält der Honig bestimmte Enzyme, die sogenannten Inhibine, die im Bienenstock die Funktion haben Krankheitserreger abzuwehren. Damit die Inhibine am Leben bleiben, dürfte Honig aber nicht auf über 40 Grad erhitzt werden, das heißt wir sollten das Getränk erst auf Trinktemperatur abkühlen lassen bevor wir den Honig dazu geben. Doch die Studienlage ist auch hier dünn.

Der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA zufolge sind die Studien nicht ausreichend, um Herstellern zu erlauben, die Gesundheitseffekte von Honig auf den Verpackungen zu bewerben. Honig mit der Aufschrift „beruhigend für den Hals“ ist EU-weit wurde für unzulässig erklärt, ein entsprechender Antrag gemäß der sogenannten EU-Health-Claims-Verordnung wurde abgelehnt. Wichtig: Honig darf nicht an Säuglinge (unter ein Jahr) verabreicht werden. Denn Honig kann den Krankheitserreger Clostridium botulinum enthalten, der ein lähmendes Gift bildet, das bei Säuglingen zum Tod führen kann, für Erwachsene jedoch unbedenklich ist.

Warmes Bier

„Trink ein warmes Bier und am nächsten Tag bist Du quietsch-gesund“ – so in etwa lautet die Devise mancher bei Erkältungen. Die einen verlassen sich auf eigene Erfahrungen, andere glauben, dass Hopfen eine beruhigende Wirkung hat, der Alkohol sie besser schlafen lässt und sie die Erkältung so „wegschlafen“ können. Doch Studien gibt es dazu nicht. Und auch wenn jemand von Alkohol müde wird, kann er oder sie sich nicht auf einen guten Schlaf verlassen. Denn der Körper ist damit beschäftigt, den Alkohol abzubauen. Warmes Bier ist ein Mythos durch und durch – und eher schädlich als heilend.

Zwiebel

Ähnlich wie der Ingwer hat die Zwiebel ihren Ruf als Erkältungsmittel den darin enthaltenen Scharfstoffen, ätherischen Ölen und Antioxidantien zu verdanken, denen eine antibakterielle, beruhigende und schleimlösende Wirkung nachgesagt wird. Hier sind es vor allem die schwefelhaltigen Verbindungen wie das Aliin und die Flavonoide, die eine therapeutische Wirkung haben sollen und neben einer schleimauflockernden Wirkung vor allem antioxidativ wirken sollen. So können sie die im Krankheitsprozess aufkommenden freien Radikale neutralisieren und damit das Immunsystem unterstützen.

Eine Hustensaft-Alternative auf die viele Menschen – und auch ich – zählen: Zwiebeln in Würfeln schneiden, ein wenig Honig darüber geben und über Nacht stehen lassen. Anschließend können wir den daraus entstehenden Sud sieben und fertig ist ein natürlicher Hustensaft. Das lindert zumindest die Symptome der Erkältung. Schneller gesund werden wir dadurch vermutlich nicht. Es gibt zwar erste Studien mit Mäusen, die Frühlingszwiebeln einen antiviralen Effekt nachweist, aber eine wissenschaftliche Evidenz ist auch bei der Zwiebel Fehlanzeige. Der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA zufolge sind die bestehenden Studien nicht aussagekräftig genug, um die verschiedenen Wirkungen, die der Zwiebel zugeschrieben werden, tatsächlich zu belegen.

Hühnersuppe

Und stimmt es, dass uns die Hühnersuppe bei einer Erkältung schneller gesund macht? Wissenschaftlich belegt ist auch das nicht. Zwar konnten US-amerikanische Wissenschaftler in einer Studie aus dem Jahre 2000 der Hühnersuppe entzündungshemmende Eigenschaften nachweisen – jedoch nur im Reagenzglas. Dort wurde die Bewegungsfähigkeit bestimmter weißer Blutkörperchen, die an Erkältungsprozessen beteiligt sind, gehemmt. Außerdem fanden die Forscher heraus, dass die Zutaten einer frischen Hühnersuppe gegen Infekte der oberen Atemwege wirken können. Jedoch nur für wenige Minuten und nicht viel stärker als heißer Tee oder heißes Wasser.

Die Hühnersuppe gibt uns aber im Gegensatz zu Tee und Wasser nicht nur leichtverdauliche Energie in Form von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen, sondern liefert außerdem dem Immunsystem wichtige Bausteine und Mikronährstoffe wie antioxidativ wirksame sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente wie zum Beispiel das bei Erkältungen viel beachtete Zink.

Fazit

Die heilende Kraft von Hausmitteln ist wissenschaftlich nicht erwiesen. Wer erkältet ist, sollte sich also keine Hoffnungen machen,  durch den Einsatz von Hausmitteln schneller gesund zu werden. Lebensmittel sind keine Medikamente. Und auch bei Medikamenten ist die heilende Wirkung bei Erkältungen fraglich. Viele Menschen schwören dennoch auf Ingwer-Tee oder Hühnersuppe, ganz einfach auch deshalb, weil diese Lebensmittel gut tun und Symptome lindern können. Dass die Geplagten durch sie schneller gesund werden, ist jedoch nicht belegt. Abgewandelt gilt hier der altbekannte Spruch: Mit Hausmitteln dauert eine Erkältung sieben Tage, ohne eine Woche.

Wichtig bei einer Erkältung: viel trinken, viel schlafen, viel Ruhe. Und wer dann doch zum Ingwer-Tee, zur Hühnersuppe, zur Zwiebel oder gelegentlich zu Honig greift, der macht auf jeden Fall nichts falsch: Anders als das warme Bier sind diese Lebensmittel Teil einer ausgewogenen und gesunden Ernährung, und die brauchen wir – auch, damit wir uns die nächste Erkältung gar nicht erst einfangen.

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