Nachricht 30.01.2014

Lidl schafft „Quengelkassen“ in Großbritannien ab

Lidl will in seinen Filialen in Großbritannien die sogenannten „Quengelkassen“ abschaffen: Anstatt Süßigkeiten sollen im Kassenbereich zukünftig Produkte wie Obst oder Nüsse angeboten werden, um Eltern das Einkaufen mit Kindern zu erleichtern. foodwatch begrüßte die Maßnahme, forderte die Supermarktkette aber gleichzeitig auf, jetzt auch in Deutschland Süßigkeiten und Snacks von den Kassen zu entfernen.

Lidl will in seinen rund 600 Filialen auf der Insel „Quengelware“ aus dem Kassenbereich verbannen. Stattdessen sollten Produkte wie Obst oder Nüsse angeboten werden. Lidl begründete den Schritt explizit damit, dass es für Eltern häufig sehr schwer sei, gegenüber quengelnden Kindern „nein“ zu sagen. Durch das Entfernen von Süßigkeiten und Schokolade aus den Kassenbereichen wolle man es deshalb Eltern leichter machen, Kinder mit gesünderen Produkten zu belohnen. 

Obst statt Junkfood – aber nur in Großbritannien

Lidl tauscht also Süßigkeiten gegen Obst – für foodwatch ein wichtiger Schritt. Allerdings lockt in den Filialen in Deutschland nach wie vor Junkfood direkt auf Augenhöhe von Kindern. Damit provoziert der Handelskonzern gezielt Konflikte in Familien und macht es Eltern unnötig schwer, ihre Kinder gesund zu ernähren. foodwatch forderte Lidl auf, auch in seinen Filialen in Deutschland sämtliche Süßigkeiten, unausgewogene Snacks und Soft Drinks aus den Kassenbereichen zu entfernen. Unter www.foodwatch.de/aktion-lidl hat foodwatch eine E-Mail-Protestaktion gestartet, über die jeder die Forderung unterstützen kann.

Kinderarzt kritisiert Lebensmittelbranche

Auch Wieland Kiess, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Uni Leipzig, begrüßte den Schritt von Lidl in Großbritannien und forderte, die Lebensmittelindustrie stärker in die Pflicht zu nehmen, wenn es um die Prävention von Übergewicht und ernährungsassoziierten Erkrankungen geht. Er sagte: „Handel und Lebensmittelhersteller dürfen sich nicht länger mit dem Argument herausreden, allein die Eltern seien verantwortlich und müssten eben einfach lernen „nein“ zu sagen. Die Lebensmittelbranche trägt mit ihrem Produktangebot und ihrem massiven Marketing an Kinder eine gehörige Mitverantwortung für das grassierende Übergewicht bei jungen Menschen, denn sie drängt Kindern ständig, an jeder Ecke und mit perfiden Tricks ungesunde Lebensmittel auf. Für viele Eltern ist es unmöglich, allein dagegen anzukommen.“


Quengelzone als Umsatzbringer

Der Kassenbereich gilt im Supermarkt als eine der umsatzstärksten Zonen. Neben Tabakwaren verkaufen sich hier vor allem Schokolade und Süßigkeiten sehr gut. Kinder in Deutschland essen nur die Hälfte der empfohlenen Menge an Obst und Gemüse, aber weit mehr als 200 Prozent der empfohlenen Menge an Süßwaren, Snacks und Softdrinks. Der Anteil übergewichtiger Kinder ist im Vergleich zu den 80er- und 90er-Jahren um 50 Prozent gestiegen. Heute gelten 15 Prozent der Kinder als zu dick, 6 Prozent sogar als fettleibig (adipös). In einem umfassenden Marktcheck hatte foodwatch im März 2012 Kinderlebensmittel untersucht. Das Ergebnis: Bei rund 75 Prozent aller 1.500 untersuchten Produkte handelt es sich um süße und fette Snacks, die nach den Empfehlungen des vom Bundesernährungsministerium geförderten „aid infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz“ nur „sparsam“ verzehrt werden sollten.