Nachricht 11.04.2013

EuGH-Urteil: Behörden dürfen Produktnamen nennen

Lebensmittel müssen nicht gesundheitsgefährdend sein, damit die Behörden eines EU-Landes öffentlich vor ihnen warnen dürfen. Auch in Betrugsfällen oder bei Hygieneverstößen dürfen die Verbraucher informiert werden. Damit stellt der Europäische Gerichtshof klar, dass das europäische Recht nicht gegen die Veröffentlichung aller Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen spricht – zum Beispiel per Aushang mit einem Smiley-Symbol.

Deutsche Behörden dürfen auch dann vor Ekel-Fleisch warnen, wenn dieses zwar nicht gesundheitsschädlich, wohl aber für den Verzehr ungeeignet ist. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat heute entschieden, auch ein lediglich „ungeeignetes" Lebensmittel erfülle nicht die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit.

Das EU-Gericht nahm zu einem Streit um verdorbenes Wildfleisch vor dem Landgericht München I Stellung. Das Passauer Unternehmen Berger Wild GmbH hatte Schadenersatz verlangt, weil das bayerische Verbraucherschutzministerium vor dem Verzehr des Wildfleischs gewarnt und über ekelerregende Zustände in der Firma berichtet hatte. Die Firma meldete wenig später Insolvenz an.

Urteil verbessert die Situation der Verbraucher 

foodwatch fordert schon seit langem, dass die Ergebnisse aller amtlichen Lebensmittelkontrollen für alle Verbraucher zugänglich veröffentlicht werden müssen und begrüßt deshalb das aktuelle Urteil des EuGH. Damit stellt der Europäische Gerichtshof klar, dass das europäische Recht nicht gegen die Veröffentlichung aller Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen spricht – zum Beispiel per Aushang mit einem Smiley-Symbol. Entscheidend sind die gesetzlichen Grundlagen, die national verabschiedet werden.

Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU) bewertet die Entscheidung von Luxemburg als Grundsatzentscheidung mit großer Tragweite. Der Bund müsse jedoch für eine Information auch im Internet das bestehende Gesetz überarbeiten und eine klare Rechtsgrundlage schaffen. „Die Konsequenzen des Urteils für den am Landgericht München behandelten Fall müssen im weiteren Verfahren gezogen werden", erläuterte Huber.

Das Veterinäramt Passau hatte bei einer Prüfung im Januar 2006 festgestellt, die Wildprodukte der Berger Wild GmbH hätten „ranzig, stickig, muffig oder sauer gerochen”. In manchen Fällen habe der Fäulnisprozess bereits eingesetzt. Wegen der „ekelerregenden hygienischen Zustände” in dem Unternehmen dürften die Produkte nicht mehr verkauft werden. Die Firma hatte argumentiert, bei ihrem Wildfleisch könnten „sensorische Abweichungen” auftreten. Das stelle aber keine Gesundheitsgefahr dar. Das Unternehmen wollte den Kunden lediglich anbieten, die Produkte umzutauschen. Es sah sich von den Pressemitteilungen des Ministeriums geschädigt und verlangte Schadenersatz.

Die höchsten EU-Richter entschieden jetzt, die Warnung der Behörden vor „nicht gesundheitsschädlichen, aber für den Verzehr durch den Menschen ungeeigneten Lebensmittel” auch unter Nennung des Unternehmensnamens verstoße nicht gegen EU-Recht. Wenn ein Lebensmittel „für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel” sei, entspreche es nicht den Anforderungen einer EU-Verordnung über Lebensmittelsicherheit. Die nationalen Behörden dürften daher durchaus die Verbraucher informieren. (mit dpa)