Nachricht 05.05.2015

foodwatch-Gesetzentwurf zur Information über Lebensmittel

foodwatch hat den heute von Bundesernährungsminister Christian Schmidt vorgelegten Gesetzentwurf zur Information der Öffentlichkeit über Lebensmittel als unzureichend kritisiert. Der Ministerentwurf enthält zu viele Ausnahmeregelungen. Um zu erreichen, dass Behörden Verbraucher schneller, umfassender und aktiv über Lebensmittel und Zustände in Betrieben informieren, hat foodwatch einen eigenen Gesetzentwurf veröffentlicht.

Bundesernährungsminister Schmidt hat heute – unmittelbar vor der Verbraucherschutzministerkonferenz in Osnabrück (6. - 8. Mai) – seine Vorschläge für eine Novellierung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) öffentlich gemacht. Doch aus Sicht von foodwatch kann der Gesetzentwurf die gravierenden Probleme nicht lösen: Denn damit würden die Verbraucher auch in Zukunft nicht verlässlich und schnell über Hygienemängel, Betrugsfälle oder Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen informiert.

Betrug zu attraktiv im Lebensmittelsektor

Für foodwatch ist klar: Nur konsequente Transparenz sorgt dafür, dass Verbraucher die schlechten Betriebe meiden und die guten belohnen können – und schafft einen Anreiz für alle Unternehmen, sich an lebensmittelrechtliche Vorgaben zu halten. Betrug und ein laxer Umgang mit der Hygiene sind heute viel zu attraktiv.

foodwatch-Gesetzentwurf: Alle Informationen veröffentlichen!

foodwatch hat daher heute selber einen Gesetzentwurf veröffentlicht. Dieser lag Herrn Schmidt wie auch Bundesjustizminister Heiko Maas bereits seit Januar vor. Nach dem foodwatch-Entwurf müssten die Behörden ihr Wissen verbindlich „aktiv und systematisch“ mit der Öffentlichkeit teilen. Vor allem bei gesundheitsgefährdenden oder aus anderen Gründen zum Verzehr ungeeigneten Produkten wären Behörden verpflichtet, „gesondert und unverzüglich“ bereits dann zu informieren, „wenn ein durch Tatsachen begründeter Verdacht“ für einen Verstoß gegen das Lebensmittelrecht besteht. Amtlich erhobene Messdaten und Ergebnisse der Lebens- und Futtermittelkontrollen würden zudem grundsätzlich öffentlich gemacht. Der foodwatch-Entwurf verzichtet auf Ermessensspielräume für die Behörden, um für Verbraucher, Behörden und Unternehmen Rechtssicherheit zu schaffen.

Ob Pferdefleisch oder Hygienemängel: Transparenz Fehlanzeige!

Union und SPD hatten sich bereits in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Novelle des einschlägigen Paragraphen 40 („Information der Öffentlichkeit“) im deutschen Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) verständigt.

Den Behörden – auch den auskunftswilligen – fehlt bislang die Rechtssicherheit für eine umfassende, aktive Informationspolitik. Die Folgen sind mal absurd, mal fatal:

  • Beim Pferdefleischskandal hatten Behörden durch eigene Laboranalysen Produkte ausfindig gemacht, die ungekennzeichnetes Pferdefleisch enthielten – sie durften die Namen der Produkte jedoch nicht nennen. Damit konnten die Verbraucher nicht wirksam vor Betrug und möglichen Gesundheitsgefahren geschützt werden, obwohl die Betrugsnachweise eindeutig vorlagen.
  • Bei den amtlichen Lebensmittelkontrollen wird jeder vierte Betrieb beanstandet – eine Quote, die Jahr für Jahr in diesem hohen Bereich liegt. Dänemark dagegen ist es durch die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse für jeden Betrieb gelungen, seine Beanstandungsquote drastisch zu reduzieren. Weil die Verbraucher in Deutschland nicht erfahren, ob und ggf. aus welchem Grund ein Betrieb beanstandet wurde, haben sie keine Möglichkeit, zum Beispiel Restaurants mit schlechter Betriebshygiene zu meiden.
  • Behörden, die über Kontrollergebnisse informieren wollen, müssen mit Klagen rechnen (wie bei Kommunen in Nordrhein-Westfalen oder in Berlin-Pankow) und scheuen daher in der Regel eine Veröffentlichung. Das Beispiel Dänemark zeigt jedoch, dass eine europarechtlich haltbare Lösung möglich ist, wenn die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen wird.
  • In vielen Fällen wissen die Kontrollbehörden über einen langen Zeitraum hinweg über Hygienemängel Bescheid – ohne die Verbraucher zu schützen. Für Schlagzeilen sorgte beispielsweise der Fall der bayerischen Großbäckerei Müller, die 2012 ihre mit Mäusekot und Speiseresten verdreckten Produktionsanlagen schließen musste. Die Behörden hatten über Jahre hinweg Kenntnis von den ekelerregenden Zuständen. Weil sie die Öffentlichkeit nicht informierten, kauften die Kunden weiterhin nichtsahnend Brot und Brötchen aus hygienisch inakzeptabler Herstellung.

Bild: fotolia.com/branex

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