Nachricht 15.05.2014

Kein EU-Maulkorb für Behörden! Offener Brief an Minister

Vor der Verbraucherschutzministerkonferenz hat foodwatch die zuständigen Minister für Verbraucherschutz in Bund und Ländern aufgefordert, die in der neuen EU-Kontrollverordnung vorgesehenen Geheimhaltungsvorschriften für Lebensmittelbehörden zu verhindern. In einem Offenen Brief warnte foodwatch, dass durch die geplante Gesetzesänderung eine umfassende „Geheimhaltungspflicht“ für Kontrollbehörden eingeführt werden solle.

Die Forderung von foodwatch: Die Bundesregierung muss bei der bevorstehenden entscheidenden Abstimmung im Europäischen Rat gegen die Neufassung der EU-Verordnung intervenieren. Die Geheimhaltungspflicht muss gestrichen und stattdessen umfassende behördliche Informationspflichten vorgeschrieben werden. Denn die neue EU-Verordnung wäre ein Rückfall ins finsterste verbraucherpolitische Mittelalter. Veröffentlichungen wegen Täuschung, Betrug oder ekelerregenden Zuständen werden verboten. Selbst bei Gesundheitsgefahren muss abgewogen werden und auch der von 90 Prozent der Verbraucher gewünschte Hygiene-Smiley wird ein Wunschtraum bleiben.

Schweigen wird erste Behördenpflicht

foodwatch meint: Statt mehr Transparenz wird Schweigen zur ersten Behördenpflicht in Europa erklärt. Doch statt dagegen auf die Barrikaden zu gehen, schweigen sich die Verbraucherschutzminister in Bund und Ländern darüber aus. So entlarvt sich ihre jahrelange Ankündigungspolitik von mehr Transparenz als regelrechte Täuschung der Öffentlichkeit.

foodwatch forderte die Verbraucherminister von Bund und Ländern auf, jetzt mit aller Macht die Notbremse zu ziehen. Die Zeit wolkiger Absichtserklärungen für mehr Transparenz sei vorbei – die Landesverbraucherminister müssen die Bundesregierung unmissverständlich auffordern, den Behördenmaulkorb aus dem EU-Verordnungstext zu streichen.


Unternehmensinteressen vor Gesundheitsschutz

Das Europäische Parlament hatte am 15. April einem Gesetzentwurf der Europäischen Kommission für eine Novellierung der EU-Kontrollverordnung zugestimmt. Der Gesetzestext sieht eine umfassende „Geheimhaltungspflicht“ für Lebensmittelbehörden vor. Konkret heißt es, dass Behörden die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen nicht publik machen dürfen, wenn dies „den Schutz der geschäftlichen Interessen“ von Unternehmen „beeinträchtigen“ würde.

Selbst bei potentiellen Gesundheitsgefahren müssten die Behörden künftig prüfen, wie groß das Risiko ist, und ob „ein übergeordnetes öffentliches Interesse an der Verbreitung der Informationen besteht“. Bisher sind die Behörden zumindest bei Gesundheitsgefahren in jeden Fall dazu verpflichtet, die Öffentlichkeit zu informieren. In Zukunft jedoch dürften sich die Beamten selbst wenn es um Gesundheitsgefahren geht, aus Sorge vor Klagen im Zweifel für eine Geheimhaltung entscheiden.  

Lebenmittelskandale würden zukünftig verschwiegen

foodwatch kritisierte, dass die neue EU-Verordnung nicht zu mehr, sondern zu weniger Lebensmittelsicherheit führen würde, weil die Verbraucher noch seltener wichtige Informationen erhalten würden. Wenn diese EU-Verordnung Gesetz wird, gibt es in Zukunft sicherlich weniger Lebensmittelskandale – weil die Öffentlichkeit von den Skandalen erst gar nicht erfahren wird, so foodwatch. Das Rezept für die immer wiederkehrenden Probleme lautet offenbar: Behörden zum Schweigen verdonnern und Verbraucher für dumm verkaufen – ganz im Sinne der Lebensmittelwirtschaft. foodwatch fordert: Die Bundesregierung muss in den Verhandlungen in Brüssel jetzt beweisen, dass ein funktionierender vorsorgender Verbraucherschutz mehr als nur ein leeres Versprechen ist. Nur wenn Betrug und Gesundheitsrisiken öffentlich werden, wird die Lebensmittelwirtschaft wirklich alles tun, um sich konsequent an alle lebensmittelrechtlichen Vorgaben zu halten.

60.000 Bürger fordern das Smiley-System für Deutschland!

foodwatch fordert mit inzwischen mehr als 60.000 Verbrauchern das transparente Smiley-System. Dänemark macht es seit Jahren erfolgreich vor: Mit Hilfe von Smiley-Symbolen werden die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen veröffentlicht, direkt im Restaurant oder Geschäft.

(Bild: fotolia.com/brandex)