Nachricht 22.01.2008

Keine „artgerechte Tierhaltung“ mehr bei Weihenstephan

Bei ihrer Alpenmilch versprach die Molkerei Weihenstephan, die Kühe würden artgerecht gehalten. foodwatch wollte es genauer wissen und fragte nach, mehrmals. Doch der Beleg für diese These blieb aus. Seit Anfang 2008 verzichtet Weihenstephan nun auf diese Behauptung.

Bei Lebensmitteln können Hersteller das Blaue vom Himmel versprechen – ohne es beweisen zu müssen. Das zeigt aktuell der Fall Weihenstephan: Die Staatliche Molkerei Weihenstephan GmbH und Co. KG hat bisher auf den Milchpackungen mit artgerechter Tierhaltung geworben. „Unsere Milchbauern legen Wert darauf, dass den Milchkühen ausreichender und geeigneter Liege- und Bewegungsraum, natürliches Licht, frische Luft ... zur Verfügung stehen ...“, schrieb Weihenstephan am 27. April 2007 an foodwatch und hielt fest, dass „die von uns bezogene Milch von Zulieferhöfen kommt, die ihre Milchkühe nach den Kriterien der artgerechten Tierhaltung halten“.

Produkte von Weihenstephan, das mit seiner fast tausendjährigen Geschichte und seinem klösterlichen Ursprung wirbt, werden als besonders hochwertig wahrgenommen. Vor allem in Bayern genießt Weihenstephan einen guten Ruf. Die „Staatliche Molkerei Weihenstephan“, von 1967 bis 2000 im Besitz des Freistaates Bayern, hat mit dem bayerischen Staat inzwischen nichts mehr zu tun. Sie wurde im Jahr 2000 mehrheitlich vom Milchkonzern Alois Müller (Müller-Milch) übernommen.

Tierschützer belegen: Anbindehaltung auf engem Raum

foodwatch wollte genauer wissen, was es mit der artgerechten Tierhaltung bei Weihenstephan auf sich hat und fragte nach – mehrmals. Doch der Beleg für diese These blieb aus. Ein Gespräch mit foodwatch wollte die Molkerei nur führen, wenn foodwatch sich gegen eine Vertragsstrafe verpflichtet, über solch ein Treffen absolutes Stillschweigen zu bewahren, auch darüber, dass ein solches Treffen überhaupt stattgefunden hat. Ende Oktober 2007 legte der Deutsche Tierschutzbund eine Dokumentation vor, die belegt, dass Weihenstephan-Milchkühe „in ganzjähriger Anbindehaltung auf sehr beengtem Raum gehalten werden“ (Pressemeldung vom 23. November 2007). Artgerechte Tierhaltung sieht anders aus. Weihenstephan hat seinen Kunden offenbar Märchen erzählt.

Weihenstephan ändert Werbung

Nunmehr, im Januar 2008, hat das Unternehmen sämtliche Werbung, die artgerechte Tierhaltung verspricht, eingestellt. Das Beispiel zeigt: Mit erfundenen Qualitätsbehauptungen benachteiligen renommierte Lebensmittelunternehmen ihre Konkurrenten, die ehrliche Qualität abliefern. Der Staat und die Politik schauen zu. Den Verbrauchern bleibt nichts anderes übrig, als sich selbst zu wehren. Im Fall Weihenstephan gelang das mit Erfolg.