Nachricht 21.07.2010

Studie: Jeder zweite verzweifelt an Verpackungsangaben

Jeder zweite Verbraucher versteht die Angaben auf Verpackungen nicht. 55 Prozent haben Angst vor Mogelpackungen. Und nur neun Prozent vertrauen den Angaben der Lebensmittelhersteller. Die Verbraucherstudie 2010 des Allensbach-Instituts, beauftragt von SGS Fresenius, ist ein Misstrauensvotum für die Nahrungsindustrie.

Mit massiver Lobbyarbeit wehren sich die Lebensmittelhersteller gegen die verbraucherfreundliche Ampelkennzeichnung oder gegen mehr Transparenz bei Herkunftsangaben. Gleichzeitig verkaufen sie Mogelpackungen am Fließband: Käse-Imitat, das täuschend echt wie Käse aussieht, Erdbeerjoghurt ohne eine Spur Erdbeere oder Fitnessprodukte, die in Wahrheit Zuckerbomben sind. Intransparenz und Irreführung gehören zur Geschäftsgrundlage – für diese Praktiken hat die Lebensmittelindustrie nun eine Quittung erhalten. Die Ergebnisse der Verbraucherstudie 2010 des Instituts für Demoskopie Allensbach, beauftragt vom SGS Institut Fresenius, sprechen für sich.

Bei Einkauf: Mogelpackung

Repräsentativ befragt wurden für die Studie im Mai 2010 insgesamt 1827 Bundesbürger ab 16 Jahren. Jeder zweite (49 Prozent) versteht die Angaben auf Lebensmitteln demnach nicht. Die größte Sorge der Verbraucher beim Einkauf ist, dass in einer Packung nicht drin steckt, was drauf steht. Vor solchen Mogelpacklungen haben 55 Prozent der Befragten Angst, ebenso viele vor gentechnisch veränderten Produkten. 48 Prozent der Bürger befürchten zudem, dass auf den Verpackungen wichtige Angaben nur versteckt oder gar nicht zu finden sind. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie anhand der Verpackungsangaben nicht beurteilen können, ob ein Lebensmittel gesund ist (75 Prozent) bzw. ob es für Kinder geeignet ist (71 Prozent).

Entsprechend gering ist das Vertrauen in die Angaben der Lebensmittelhersteller. Nur 9 Prozent glauben den Unternehmen – für das Image von Nestlé, Coca-Cola & Co. ein erschütternder Wert. Mit nur 5 Prozent noch geringer ist das Vertrauen in Politiker. Aus Sicht von foodwatch hängt beides miteinander zusammen: Die Industrie nimmt ihre Kunden nicht ernst – und die Politik bringt nicht den Mut auf, Entscheidungen im Sinne der Verbraucher auch dann zu treffen, wenn sie gegen den Willen der Lebensmittelindustrie durchgesetzt werden müssen.

Privatwirtschaftliche Siegel sind keine Lösung

Keine Lösung sieht foodwatch in der kaum überschaubaren Vielzahl privatwirtschaftlicher Siegel. Viele Hersteller entwerfen eigene Qualitäts- oder Prüfzeichen mit Formulierungen wie „geprüfte Qualität“ oder „aus kontrolliertem Anbau“. Das klingt gut, kann letztlich aber alles oder nichts bedeuten. Zudem sind Vergleiche praktisch unmöglich. Auch der Auftraggeber der Verbraucherstudie 2010, das SGS Institut Fresenius, bietet ein solches Siegel für Lebensmittel an. Die Prüfkriterien sind dabei jedoch wenig transparent und für Verbraucher nicht nachvollziehbar. Zudem müssen die Hersteller für das Fresenius-Siegel bezahlen – so entstehen Abhängigkeiten. foodwatch meint daher: Es ist eine Aufgabe des Gesetzgebers, die Hersteller zu verlässlicher, verständlicher und einheitlicher Information zu verpflichten. Gleichzeitig dürfen die Behörden gezielte Täuschungen nicht länger als Kavaliersdelikte behandeln. Der Lebensmittelmarkt funktioniert erst, wenn die Kunden Qualitätsunterschiede zuverlässig erkennen können.

Wenige Siegel staatlich kontrolliert

Damit Qualitätssiegel für Verbraucher eine Hilfe sind, sollte ihre Zahl auf ein Minimum beschränkt sein. Die Kriterien für die Vergabe dieser Siegel müssen gesetzlich festgelegt, ihre Einhaltung staatlich kontrolliert und Verstöße konsequent geahndet werden.