Trügerische Land-Idylle

Kuh – Bild: fotolia.com/grafikplusfoto

Wer durch die Gänge im Supermarkt schlendert, wird geradezu erschlagen von der Fülle an Produkten „vom Land“. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt: Von Landschinken über Landkekse bis hin zu Landgurken und sogar Landnudeln ist alles dabei, was das Herz begehrt. Damit instrumentalisiert die Industrie einen Trend: Die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit.

Das idyllische Landleben steht hoch im Kurs. Besonders beeindruckend belegt das ein Beispiel aus der Medienlandschaft: Das Print-Magazin „Landlust“ vom Landwirtschaftsverlag Münster. Während seit der Digitalisierung nahezu jedes andere gedruckte Medium massive Auflagerückgänge verzeichnet, hat das seit 2005 erhältliche Land-Magazin aus Münster einen regelrechten Senkrechtstart hingelegt. Die gedruckte Auflage liegt mittlerweile bei fast einer Million Exemplaren, deutlich mehr als das Wochenmagazin stern. In Zeiten grassierender Landflucht sehnen sich die Menschen offenbar stärker denn je nach Ursprünglichkeit, Natürlichkeit und nach der ländlichen Idylle. 

Sehnsüchte instrumentalisiert

Dieser Trend ist auch in der Lebensmittelindustrie angekommen, wie ein Besuch im Supermarkt zeigt: Sei es im Kühlregal, in der Getränkeabteilung, bei den Knabberartikeln oder im Tiefkühl-Sortiment – überall gibt es mittlerweile Produkte zu kaufen, die irgendetwas mit dem Landleben zu tun haben sollen. Und dafür soll der Verbraucher in einigen Fällen kräftig in die Tasche greifen. Die Lebensmittelindustrie instrumentalisiert damit erfolgreich die Sehnsüchte der Menschen nach Echtheit und Natur. Ihre Produkte sind „ganz natürlich“, kommen „frisch vom Bauernhof“, werden nach „traditioneller Rezeptur“ hergestellt – und in der Fernsehwerbung ist die Bäuerin zu sehen, die noch höchstselbst mit dem Löffel im Bottich rührt, während draußen ein Hahn kräht. 

Vom Fließband statt vom Farmer

Was als vermeintliche Ursprünglichkeit vermarktet wird, ist im Regelfall ganz normale Industrieware. Vom Fließband statt vom Farmer. Und damit ziemlich genau das, wovon der Verbraucher mit seinem Verhalten eigentlich entfliehen möchte.