Pressemitteilung 18.09.2020

foodwatch-Statement zu Bundesrat / Reform der Lebensmittelkontrollen: „Fleischindustrie darf sich freuen“

Zu der heute vom Bundesrat beschlossenen Reform der Lebensmittelüberwachung, die eine deutliche Reduzierung der routinemäßigen Pflichtkontrollen vorsieht, erklärt foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker:

„Mit dem Beschluss der Klöckner-Reform hat der Bundesrat eine kapitale Fehlentscheidung getroffen und die Lebensmittelsicherheit endgültig der knappen Kassenlage der kommunalen Haushalte untergeordnet. Es ist fatal, dass Betriebe mit dem höchsten Risiko in Zukunft deutlich seltener kontrolliert werden müssen als bisher vorgesehen. Damit werden jeden Tag unzählige Chancen vergeben, gesundheitsgefährdenden Mängeln auf die Spur zu kommen. Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass das Klöckner-Ministerium beharrlich die Unwahrheit über den Inhalt des eigenen Entwurfs verbreitet und sogar ‚deutlich mehr Kontrollen‘ versprochen hat – Frau Klöckner und alle, die im Bundesrat ihre Hand für die Reform gehoben haben, wissen, dass dies durch den Entwurf nicht gedeckt ist.

Regelmäßige Kontrollen sind keine hinreichende, aber eine notwendige Voraussetzung für sichere Lebensmittel. Um die Lebensmittelüberwachung effektiv zu machen, braucht es politisch unabhängige Behörden, ausreichend kompetentes Personal, Regeln für einen konsequenten Vollzug und Transparenz über die Kontrollergebnisse. Keine dieser nötigen Verbesserungen wird mit der jetzt beschlossenen Reform auch nur versucht zu erreichen. Stattdessen wird weiter gekürzt und der Personalmangel in den Kommunen hinter einem reduzierten Pflichtprogramm für die Behörden versteckt. Vor allem die Fleischindustrie darf sich freuen: Für einen Betrieb der höchsten Risikoklasse könnten jetzt 200 amtliche Pflicht-Kontrollen im Jahr wegfallen.“

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Der Bundesrat hat heute einer von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner vorgelegten Reform der Lebensmittelüberwachung zugestimmt (Allgemeine Verwaltungsvorschrift
Rahmenüberwachung – „AVVRüb“). Verbraucherschützer, Lebensmittelkontrolleure und Amtstierärzte hatten die Reformpläne im Vorfeld deutlich kritisiert, weil die Zahl der Lebensmittelkontrollen drastisch reduziert und der Personaldruck in den Ämtern erhöht wird. Die Kürzung von Plankontrollen fällt gerade bei Risikobetrieben am stärksten aus – ein
Unternehmen der Kategorie Wilke zum Beispiel fiele von 12 auf 4 vorgeschriebene Kontrollen pro Jahr zurück.