Nachricht 12.12.2013

Neuer foodwatch-Report: Überwachung versagt

Von Pferdefleisch in Fertigprodukten bis zu Hygienemängeln in Restaurants: Die amtliche Lebensmittelüberwachung in Deutschland kann weder Skandale verhindern noch ihre gesetzliche Aufgabe erfüllen, die Einhaltung des Lebensmittelrechts durchzusetzen. Zu diesem Ergebnis kommt der Report „Von Maden und Mäusen“, den foodwatch heute in Berlin vorgestellt hat.

Gammelfleisch, Betrug mit Analogkäse, Dioxin in Eiern oder Pferdefleisch in Fertigprodukten: Seit Jahren jagt ein Lebensmittelskandal den nächsten, und Jahr für Jahr wird bei den amtlichen Kontrollen jeder vierte Lebensmittelbetrieb beanstandet. Doch welche Produkte und Anbieter betroffen sind, erfahren Verbraucher fast nie. Das aber ist das entscheidende Problem – an das sich die Politik nicht rantraut. Denn egal ob ein Metzger Gammelfleisch verarbeitet oder eine Supermarktkette Pferdefleisch in ihre Fertiggerichte mischen lässt: Erst wenn Betriebe damit rechnen müssen, dass ihre Kunden informiert werden, halten sich alle an die Gesetze.

Mehr Transparenz über Lebensmittelkontrollen

Die entscheidende Forderung aus dem foodwatch-Report „Von Maden und Mäusen“ lautet daher: Alle Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung müssen veröffentlicht werden – im Internet und an der Tür eines jeden Betriebes, Supermarktes oder Restaurants, mit einem Smiley-Symbol nach dänischem Vorbild. Verbraucher müssen endlich erfahren, wer die Gammelfleisch-Händler, Pferdefleisch-Panscher oder Schmuddel-Wirte sind – ansonsten fehlt den Betrieben der Anreiz, sich an die Gesetze zu halten und der nächste Lebensmittelskandal ist nur eine Frage der Zeit. 

Dänemark, New York oder Toronto machen es vor

Andere Länder zeigen längst, dass die Veröffentlichungen amtlicher Kontrollergebnisse als marktwirtschaftliches Instrument und als Mittel des vorsorgenden Verbraucherschutzes gut funktionieren: In Dänemark, New York oder Toronto werden die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen direkt vor Ort veröffentlicht. Seither sind die Quoten der beanstandeten Betriebe kontinuierlich gesunken.

Doch in Deutschland schützt die Politik die Schmuddelbetriebe besser als die Verbraucher. Selbst Lokale Behörden, die etwas an den Zuständen ändern wollen, müssen sich – wie in Berlin-Pankow – immer wieder mit der komplexen Rechtslage auseinandersetzen. Dr. Torsten Kühne (CDU), als Bezirksstadtrat zuständig für die Lebensmittelüberwachung im Berliner Großbezirk Pankow, ist aus praktischer Erfahrung von einem konsequent transparenten Überwachungssystem überzeugt und unterstützt die foodwatch-Forderung nach einer vollständigen Veröffentlichung aller Lebensmittelkontrollergebnisse.

Schein- und Symbolpolitk

In dem knapp 100-seitigen Report hat foodwatch detailliert die Schwachstellen der Lebensmittelüberwachung und der gesetzlichen Regelungen zur Verbraucherinformation analysiert. Schwerpunkte sind zum einen ein umfassender Praxistest des in 2012 novellierten sogenannten Verbraucherinformationsgesetzes (VIG), sowie zum anderen eine Analyse der ebenfalls im vergangenen Jahr in Kraft getretenen Änderungen im Paragraf 40 des Futtermittel- und Lebensmittelrechts (LFGB).

Das niederschmetternde Fazit: Mitnichten werden Verbraucher über die Gesetzesbrecher im Lebensmittelmarkt informiert. Die Bürger wurden mit Schein- und Symbolpolitik ruhig gestellt – wieder einmal. Die neuen gesetzlichen Vorgaben sind viel zu ungenau formuliert. In vielen Fällen, in denen Beamte die Verbraucher zum Beispiel über schwere Hygienemängel informieren wollten, haben Restaurantbetreiber gegen die Veröffentlichung geklagt – und vor Gericht Recht bekommen. Nur wenige Behörden hatten daher überhaupt Ergebnisse herausgegeben, mittlerweile haben fast alle Kommunen ihre Veröffentlichungen der Lebensmittelkontrollen wieder gestoppt.