Nachricht 06.07.2015

TTIP und CETA: Das Parlament? Nicht vorgesehen!

Eine Analyse von Völker- und Europarechtlern der Uni Göttingen belegt: In den geplanten Freihandelsabkommen TTIP (mit den USA) und CETA (mit Kanada) sind selbst bei wesentlichen Bereichen keine Mitbestimmungsrechte für das Europaparlament vorgesehen. Dadurch besteht die Gefahr, dass Regulierung künftig nur zwischen Regierungsvertretern verabredet wird, ohne Beteiligung der Europaabgeordneten. 

Göttinger Juristen haben den bereits ausgehandelten Entwurf eines europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens (CETA) sowie den im Mai veröffentlichten Entwurf eines Regulierungskapitels für das geplante transatlantische Abkommen (TTIP) analysiert. Die Ergebnisse fasste der Völkerrechtler Dr. Till Holterhus vom Institut für Völkerrecht und Europarecht in einem Schreiben an foodwatch zusammen. Demnach muss das Europäische Parlament den Freihandelsverträgen zwar einmalig seine Zustimmung  geben, damit die Abkommen in Kraft gesetzt werden können. Damit ist es aber nicht getan. Denn die Abkommen sind als sogenannte „living agreements“ („lebende Abkommen“) geplant – die durch eine regulatorische Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA bzw. Kanada stetig weiterentwickelt werden sollen. Und genau hier, bei wesentlichen Maßnahmen dieser regulatorischen Zusammenarbeit, ist eine parlamentarische Mitbestimmung „bisher jedoch nicht vorgesehen“, so die Göttinger Analyse. 

Parlamente nicht ausdrücklich vorgesehen

Für die Regulierungszusammenarbeit sollen nach beiden Abkommen Ausschüsse eingerichtet werden, besetzt „allein mit Vertretern der Exekutiven beider Vertragsparteien“. Nicht klar benannt ist in den Vertragsentwürfen, welche Befugnisse diese Regierungsausschüsse im Detail erhalten werden. Sicher ist: Die Parlamente sind nicht ausdrücklich vorgesehen. Auch das EU-Recht schreibt das nicht vor, bei „auswärtigem Handeln“ hat die Europäische Kommission grundsätzlich viele Freiheiten – die Volksvertreter müssen nur „informiert“ werden. Fazit: Die bislang vorgelegten Vertragsentwürfe bergen die Gefahr, dass Regierungsgremien verbindliche Regulierungen ohne parlamentarische Zustimmung beschließen.

Parlamentarische Mitbestimmungsrechte „vergessen“?

Nun mögen die TTIP-Befürworter in der Bundesregierung oder in der Europäischen Kommission einwenden: Natürlich sollen die Parlamente an allen Entscheidungen beteiligt werden, auch wenn das bisher nicht explizit so formuliert ist. Tatsächlich ist es möglich, dass es am Ende so kommt, die Verträge sind noch nicht endgültig ausgehandelt, Aber die Frage bleibt: Wenn es ernsthaft geplant ist, die gewählten Abgeordneten zu beteiligen – warum wurde ein expliziter Hinweis auf die parlamentarischen Mitbestimmungsrechte dann im Vertragsentwurf mal eben: „vergessen“? 

Am Mittwoch, 8. Juli, stimmen die EU-Abgeordneten über eine TTIP-Resolution ab. Helfen Sie mit, die Europaabgeordneten wachzurütteln! So, wie TTIP und CETA gestaltet werden, droht erheblicher Schaden für grundlegende demokratische Prinzipien. Schreiben Sie jetzt an Ihre EU-Abgeordneten!