Nachricht 15.01.2021

Aus für Werbelüge auf Grünländer Käse

Hochland wird seinen Grünländer Käse nicht mehr mit „Freilaufkühen“ bewerben - und reagierte damit auf eine Abmahnung. Der Fall ist exemplarisch für das Versagen der Lebensmittelbehörden. Diese hatten sich geweigert, gegen die irreführenden Werbeaussagen vorzugehen. foodwatch legte Beschwerde ein.

Die Großkäserei Hochland wird ihren Grünländer Käse nicht mehr wie bisher mit „Freilaufkühen“ und „Grüne Seele“ bewerben. Obwohl die Tiere im Stall stehen, hatte Hochland das Produkt auf der Verpackungsvorderseite mit diesen Angaben beworben. Mit der Unterlassungserklärung reagierte das Unternehmen auf die Abmahnung eines im Wettbewerbsrecht tätigen Verbands. foodwatch kritisierte, dass die zuständigen bayerischen Lebensmittelbehörden sich zuvor geweigert hatten, gegen die irreführenden Werbeaussagen vorzugehen und legte Beschwerde beim Bayerischen Staatsministerium für Verbraucherschutz ein. Der Fall ist exemplarisch für das Versäumnis von Lebensmittelbehörden, gegen Täuschung aktiv zu werden.

Die zuständigen Lebensmittelbehörden decken irreführende Werbung sogar dann, wenn das Unternehmen selbst nicht daran glaubt, dass die eigenen Aussagen legal sind – das ist haarsträubend.
Manuel Wiemann Wahlleiter beim Goldenen Windbeutel 2020

foodwatch hatte Hochland 2020 den Negativpreis „Goldener Windbeutel“ für die dreisteste Werbelüge des Jahres verliehen und den Käsereikonzern im September beim zuständigen Landratsamt in Lindau angezeigt. Als Beleg für die Täuschung legte foodwatch zwei repräsentative Umfragen vor. Darin bewerteten drei Viertel der Verbraucherinnen und Verbraucher die Darstellung der Haltungsform auf der Verpackung des Grünländer Käses als irreführend. Trotzdem weigerte sich die Lindauer Behörde unter Verweis auf eine Einschätzung der obersten Landesbehörde, des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, gegen die irreführenden Werbeaussagen aktiv zu werden. foodwatch wirft der bayerischen Staatsregierung deshalb vor, ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt zu haben.

Behörden versagen beim Schutz vor Täuschung

Der Fall Grünländer offenbart ein Vollzugsdefizit beim Schutz vor Täuschung. Diese Lücke können Verbraucherorganisationen und Wettbewerbsverbände nicht schließen – auch wenn das Landratsamt in Lindau seine Untätigkeit unter anderem mit den Klagemöglichkeiten von foodwatch im Rahmen des Wettbewerbsrechts begründet hatte. Denn es gibt unzählige Werbelügen im Supermarkt– es ist unmöglich, gegen alle zu klagen. Der Schutz vor Täuschung ist Aufgabe der zuständigen Behörden vor Ort.

Auch Arla und Danone betreiben Etikettenschwindel

Neben dem Grünländer Käse hatte foodwatch im September zwei weitere Produkte bei der Lebensmittelüberwachung gemeldet, den Volvic-Bio Rooibos-Tee von Danone Waters und die Haltbare Bio-Weidemilch von Arla. Zuständig sind in diesen Fällen die Ämter in Frankfurt am Main (Danone) und Düsseldorf (Arla). Das Verbraucherschutzamt in Düsseldorf wollte die irreführende Klimaschutz-Werbung auf Arla-Milchpackungen unterbinden – wurde daraufhin aber von der Großmolkerei verklagt. Das Verfahren ist derzeit beim Verwaltungsgericht Düsseldorf anhängig. Die zuständige Behörde in Frankfurt blieb dagegen im Fall Danone untätig – foodwatch reichte deshalb im Dezember Klage gegen das Amt ein. 

Täuschungsverbot im Lebensmittelrecht

Gemäß Artikel 16 der „EU-Basisverordnung“ für Lebensmittel dürfen die „Werbung und Aufmachung von Lebensmitteln (…) die Verbraucher nicht irreführen.“ Auch die EU-Lebensmittelinformationsverordnung schreibt vor, dass Informationen über Lebensmittel „nicht irreführend“ sein dürfen, beispielsweise in Bezug auf die „Eigenschaften“ und „Methode der Herstellung oder Erzeugung“. Lebensmittelbehörden kommt nach dem deutschen Lebensmittelrecht die Aufgabe zu, die Einhaltung dieser Vorschriften zu überwachen. 

Irreführende Verpackung bis Anfang 2022 vom Markt

Der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. hatte die Grünland GmbH abgemahnt, worauf die Firma Ende Dezember 2020 eine Unterlassungserklärung abgab. Grünland verpflichtete sich, die Produktreihe „Grünländer Käse“ nach Ablauf einer Umstellungs- und Aufbrauchfrist bis zum 10. Januar 2022 nicht mehr in der bisherigen Form mit den Angaben „Freilaufkühe“ und/oder „Grüne Seele“ zu vermarkten. Die Unterlassungserklärung konnte foodwatch einsehen.