Nachricht 22.04.2003

Ein Jahr Acrylamid: Künast kuscht vor Knabberindustrie

Seit einem Jahr ist die Problematik der Acrylmid-Belastung von Lebensmitteln bekannt. Doch es fehlt weiter an einem schlüssigen Konzept. Die Bundesverbraucherministerin setzt Verbraucherinteressen nicht gegen die der Hersteller durch. 

Das Bundesverbraucherschutzministerium setzt auf ein „Acrylamid-Minimierungskonzept“, das nicht die am niedrigsten belasteten Produkte als Messlatte nimmt, sondern die am höchsten belasteten Produkte. Das Vorsorgeprinzip ist damit außer Kraft gesetzt, denn wirtschaftliche Interessen bestimmen Tempo und Umfang der Acrylamid-Reduzierung.

Die Hersteller blockieren eine deutlichere Absenkung der Acrylamidbelastung, weil die dazu erforderliche verbesserte Auswahl und Lagerung der Rohstoffe, die Optimierung von Erhitzungsabläufen oder striktere Qualitätskontrollen am Endprodukt ihre Profite schmälern.

foodwatch fordert: Messdaten veröffentlichen!

Durch die Weigerung der Bundesregierung, produktbezogene Acrylamidwerte zu veröffentlichen, haben die Verbraucher keine Möglichkeit, besonders stark belastete Lebensmittel zu vermeiden. Deshalb entsteht auch kein Druck auf die Hersteller, die Belastungen ihrer Produkte zu reduzieren. Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) kuscht vor der Industrie, anstatt Verbraucherrechte durchzusetzen.

foodwatch fordert die Bundesregierung auf, die Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung schnellstens durch folgende Maßnahmen zu verringern:

  1. Produktbezogene Veröffentlichung von Messergebnissen.
  2. Orientierung von Vorschriften für eine „gute Herstellungspraxis zur Vermeidung von Acrylamid-Kontaminationen“ an den niedrigsten Messwerten.
  3. Ständige Verbesserung dieser „guten Herstellungspraxis“. Ziel muss die weitestgehende Eliminierung von Acrylamid sein, wie für Trinkwasser bereits durch eine EU-Richtlinie vorgeschrieben.

Im Tierversuch Krebs ausgelöst

Seit einem Jahr ist es in der EU amtlich: Acrylamid, ein Stoff, der im Tierversuch Krebs und Genveränderungen auslöst, entsteht bei der Erhitzung von stärkehaltigen Nahrungsmitteln. Es gilt als ebenso schädlich wie das beim Grillen und Braten entstehende Benzpyren A oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs). Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzen allerdings die tägliche Aufnahme von Acrylamid auf etwa 70 Mikrogramm und damit als sehr viel höher als bei Benzpyren A oder PAKs. foodwatch fordert daher: Acrylamid muss so weitgehend wie möglich in Lebensmitteln vermieden werden.