Nachricht 03.07.2014

Umfrage unter Börsen-Profis: Agrar-Spekulation treibt Preise

Drei von vier Börsen-Akteuren gehen davon aus, dass Finanzspekulation die Preise für Nahrungsmittel direkt beeinflusst. Das geht aus einer internationalen Befragung hervor, die das Marktforschungsinstitut SIS International Research im Auftrag von foodwatch durchgeführt hat.

Für die Studie wurden insgesamt 180 erfahrene Rohstoffhändler, Broker und Analysten aus Deutschland sowie von den Finanzplätzen Chicago, New York, London, Tokio, Neu-Delhi, Shanghai, Dubai und Abu Dhabi befragt. 89 Prozent von ihnen gaben an, dass Finanzspekulanten die Futures-Preise an den Terminbörsen beeinflussen. 75 Prozent der Befragten gehen weiter davon aus, dass sich diese Effekte dann auch auf die Preise für Nahrungsmittel und Rohöl (und damit indirekt ebenfalls auf Nahrungsmittelpreise) niederschlagen. Diese Meinung vertraten auch zwei Befragte, die für die Deutsche Bank im Rohstoffgeschäft aktiv sind.


In Deutschland ist die Deutsche Bank das letzte verbliebene Geldhaus, das noch an der Agrarspekulation festhält. Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen argumentiert, dass es keine überzeugenden Belege für einen Einfluss von Finanzspekulation auf Nahrungsmittelpreise gebe. Die Praktiker-Umfrage belegt, dass dies weite Teile der Finanzwelt anders bewerten.

Erdrückende Belege für negative Effekte der Spekulation

Doch während die Deutsche Bank ihrerseits noch nicht einmal offen legt, auf welche Studien oder sonstigen Erkenntnisse sie ihre Position begründet, kommt sie an den folgenden Fakten nicht vorbei:

  • Wissenschaftler erzielten bislang zwar keinen Konsens, ob Finanzspekulation Preise beeinflusst – viele Studien lieferten jedoch starke Hinweise dafür.
  • Die Forschungsabteilung der Deutschen Bank geht davon aus, dass Spekulationsexzesse zu Preisanstiegen der Vergangenheit, etwa 2007/2008, beigetragen haben.
  • Eine im März 2014 veröffentlichte Untersuchung des Thünen-Instituts im Auftrag der Bundesregierung ergab, dass sich Bauern, Agrarhändler und die Lebensmittelwirtschaft bei der Preisfindung für Agrarrohstoffe an den Terminbörsen orientieren. Das zeigt, dass die Entwicklung der Derivate-Märkte auf die Preise für physische Waren übertragen wird.
  • Die aktuelle Befragung von Rohstoffhändlern, Brokern und Analysten zeigt: Auch die Mehrheit der Börsenpraktiker geht davon aus, dass Finanzspekulation die Preise für Nahrung beeinflusst.

Deutsche Bank muss Agar-Spekulation jetzt stoppen!

Für foodwatch ist klar, dass die Deutsche Bank jetzt endlich Konsequenzen ziehen muss. Eine riesige Mehrheit der Börsenpraktiker ist davon überzeugt, dass Spekulation die Lebensmittelpreise treiben kann – allein das sollte die Deutsche Bank dazu bringen, aus Vorsorgegründen die Reißleine zu ziehen. Es gibt starke Indizien aus der Wissenschaft und erdrückende Belege aus der Praxis dafür, dass Spekulationsexzesse Lebensmittelpreise ansteigen lassen. Wer das – wie Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen – nicht zur Kenntnis nimmt, handelt in hohem Maße verantwortungslos. Kein Mensch darf mehr durch Finanzspekulanten in den Hunger getrieben werden.