Nachricht 19.04.2018

Riskantes Pestizid: Zulassung für Glufosinat läuft aus

Seltener eingesetzt als Glyphosat, aber noch bedenklicher: Glufosinat gilt als hochgefährlich. 2019 wird mit dem Einsatz des Herbizid-Wirkostoffs in der EU endlich Schluss sein. foodwatch-Recherchen zufolge wird es keine neue Zulassung von Glufosinat geben.

Selten ist die Einschätzung so eindeutig: Sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Kommission stufen Glufosinat als „reproduktionstoxisch“ ein. Dennoch ist der in Herbiziden (Unkrautvernichtungsmitteln) eingesetzte Wirkstoff noch bis zum 31. Juli 2018 in der Europäischen Union zugelassen.

Bereits 2014 hatte Bayer CropScience zudem eine Erneuerung der Zulassung beantragt – wie beim Neuzulassungsverfahren für den umstrittenen Wirkstoff Glyphosat war Deutschland als Berichterstatter eingesetzt, hatte also erneut die zentrale Rolle bei der Risikobewertung. Doch inzwischen steht der Status des Antrags auf „withdrawn“, zurückgezogen. Eine Sprecherin des deutschen Konzerns bestätigte foodwatch: „Bayer hat im Dezember 2017 seinen Antrag auf erneute Zulassung des Wirkstoffs Glufosinat-Ammonium in der Europäischen Union […] zurückgezogen.“ Grund dafür seien „anhaltende regulatorische Unwägbarkeiten innerhalb der EU“ – was sich liest, als habe Bayer seine Entscheidung getroffen, um einer Ablehnung zuvor zu kommen.

Einsatz in Deutschland bereits seit 2017 verboten

„Konkret bedeutet dies, dass die Wirkstoffgenehmigung am 31.7.2018 endgültig ausläuft“, ergänzte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ergänzte in einer Mail an foodwatch. Nach einer Übergangsfrist für die Nutzung von Restbeständen darf Glufosinat demnach spätestens ab Mitte 2019 an nicht weiter in der Landwirtschaft eingesetzt werden.

In Deutschland war die Anwendung von Glufosinat bereits seit dem vergangenen Jahr Geschichte. Denn anders als die Wirkstoffe (Glufosinat) müssen die anwendungsfertigen Präparate nicht von den EU-Behörden, sondern nationalstaatlich zugelassen werden. Die Zulassung des einzig relevanten glufosinathaltigen Mittels – Bayers „Basta“ – lief in Deutschland Ende 2015 ohne Neuantrag aus, noch bis Mitte 2017 durften Restbestände aufgebraucht werden. Bereits 2013 war der Glufosinat-Einsatz EU-weit massiv eingeschränkt worden – weil Herstellerstudien „die Bedenken nicht entkräften“ konnten und ein Risiko für Säugetiere und Insekten „nicht ausgeschlossen werden“ könne, wie es beim BVL heißt. 2017 hatte zudem die französische Lebensmittelbehörde ANSES die Zulassung des Bayer-Mittels „Basta“ zurückgezogen. In anderen EU-Staaten blieb die Nutzung erlaubt – bei Ackerfrüchten, die im Binnenmarkt frei gehandelt werden dürfen.

Verkauf an BASF vereinbart

Auch der im Zuge der geplanten Monsanto-Übernahme durch Bayer bereits vereinbarte Verkauf des Glufosinat-Geschäfts an BASF wird an einem Auslaufen der Zulassung nichts ändern. Sollte BASF Glufosinat in der EU in Zukunft nutzen wollen, müsste das Unternehmen einen Neuantrag stellen – und ein voraussichtliches jahrelanges Verfahren abwarten. Da der Verkauf noch nicht vollzogen ist, wollte BASF keine Fragen zum Thema Glufosinat beantworten.

Das Problem sind die Zulassungsverfahren

Die Bayer-Sprecherin erklärte gegenüber foodwatch: „Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass Produkte, die Glufosinat-Ammonium enthalten, bei verantwortungsvoller sowie ordnungsgemäßer Anwendung gemäß der Gebrauchsanleitung für Mensch, Tier und Umwelt unbedenklich sind.“ Offenbar sehen das die für die Risikobewertung zuständigen Behörden anders.

Der Fall zeigt aus Sicht von foodwatch, wie problematisch die Zulassungsverfahren für Pestizide sind: Selbst bei konkreten Hinweisen auf Risiken für Mensch und Umwelt, können Wirkstoffe und Mittel noch zugelassen bleiben. Statt das Vorsorgeprinzip ernst zu nehmen, dauert es oft Jahre, bis riskante Substanzen in der Landwirtschaft gestoppt werden. Wenn überhaupt – siehe Glyphosat. Zwar streiten sich die Wissenschaftler hier über die Risiken. Doch solange bleibt der Wirkstoff einfach zugelassen.