Nachricht 21.11.2018

Nestlé, Unilever und Co. stoppen irreführende Industrie-Ampel

Fünf große Lebensmittelkonzerne, darunter Nestlé und Unilever, haben ihr Projekt für eine eigene Nährwert-Ampel gestoppt. foodwatch und weitere Verbraucherorganisationen hatten die „Industrie-Ampel“ zuvor als irreführend kritisiert, da sie Lebensmittel gesünder aussehen lässt als sie in Wirklichkeit sind. Selbst bei Produkten wie Nutella oder Tuc-Crackern hätte die Ampel nicht Rot gezeigt.

Die Lebensmittelkonzerne Coca-Cola, Mondelez, Nestlé, PepsiCo und Unilever kündigten am Dienstag an, den Testlauf für die Kennzeichnung von Lebensmitteln mit der Industrie-Ampel abzubrechen. Mars war bereits im März dieses Jahres aus dem Industrie-Projekt ausgestiegen. foodwatch forderte die Konzerne auf, stattdessen das französische Ampel-Modell Nutri-Score zu übernehmen, das von unabhängigen Experten entwickelt wurde. Iglo und Danone haben bereits angekündigt, den Nutri-Score in Deutschland zu verwenden.

„Nestlé, Unilever und Co. wollten mit ihrer Industrie-Ampel Verbraucherinnen und Verbraucher an der Nase herumführen. Das ist der beste Beweis, dass sich die Lebensmittelindustrie ihre Nährwert-Kennzeichnung nicht selbst ausdenken darf. Die irreführende Fake-Ampel wurde zurecht auf Eis gelegt.
Die Konzerne sollten sich ein Beispiel an Iglo und Danone nehmen und den verbraucherfreundlichen Nutri-Score verwenden, der von mehreren europäischen Regierungen offiziell unterstützt wird.“
Luise Molling foodwatch

Die sechs großen Lebensmittelkonzerne hatten Ende 2017 ihre Pläne für eine eigene Nährwert-Ampel vorgestellt. Im Gegensatz zu dem erstmals 2007 von der britischen Lebensmittelbehörde FSA konzipierten Original-Ampelsystem sollte das Modell der "Big Six" allerdings deutlich weniger rote Ampeln zeigen. Ein Vergleichstest von foodwatch hatte im Januar 2018 gezeigt, wie Verbraucherinnen und Verbraucher mit der geplanten Ampel der Industrie in die Irre geführt würden: Selbst eine Süßigkeit wie Nutella von Ferrero, das zu rund 90 Prozent aus Zucker und Fett besteht, hätte keine rote Ampel erhalten.

Im Gegensatz zu den „Big Six“ setzen in Deutschland bereits zwei Unternehmen auf ein unabhängig entwickeltes Ampelmodell: Danone und Iglo haben angekündigt, den französischen Nutri-Score ab 2019 freiwillig einführen zu wollen. Der Nutri-Score nimmt eine Gesamtbewertung des Nährwertprofils eines Produktes vor, indem günstige und ungünstige Nährwertbestandteile mit Punkten bewertet und dann miteinander verrechnet werden. Schließlich wird das Ergebnis mit einer fünfstufigen Farbskala dargestellt, die zugleich mit den Buchstaben A-E hinterlegt ist. Die Kennzeichnung wurde von französischen Wissenschaftlern entwickelt und wird von der französischen, der belgischen und auch der spanischen Regierung offiziell empfohlen.  

foodwatch forderte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner auf, der Diskussion nicht länger tatenlos zuzusehen. Wenn die Ministerin Übergewicht und Fettleibigkeit effektiv bekämpfen will, muss sie dem Beispiel Großbritanniens, Frankreichs, Spaniens und Belgiens folgen und ihren Widerstand gegen farbliche Kennzeichnungsmodelle aufgeben. Zusätzlich brauchen wir Beschränkungen der an Kinder gerichteten Werbung und steuerliche Anreize für gesündere Rezepturen.