Frage des Monats 01.03.2014

Ich versuche, mich recht ausgewogen zu ernähren, bin mir aber unsicher, ob ich mit allen wichtigen Vitaminen versorgt bin - sollte ich zu Nahrungsergänzungen greifen?

Antwort der Ernährungsexpertin:

Das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln in Apotheken und Drogerien ist riesig und lockt mit vielen Versprechen. Im Normalfall aber sind Nahrungsergänzungen für gesunde Menschen, die sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren, überflüssig. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Manche Menschen und bestimmte Personengruppen haben je nach Lebensphase einen erhöhten Bedarf an einzelnen Vitaminen oder Mineralstoffen oder die Versorgung ist aus verschiedensten Gründen nicht gesichert.

Was sind Nahrungsergänzungsmittel?

Per Definition der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (§1 NemV) ist ein Nahrungsergänzungsmittel ein Lebensmittel.

„Ein Nahrungsergänzungsmittel […] ist ein Lebensmittel, das

- dazu bestimmt ist, die allgemeine Ernährung zu ergänzen,

- ein Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung allein oder in Zusammensetzung dargestellt

- und in dosierter Form, insbesondere in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen in den Verkehr gebracht wird.“

Nahrungsergänzungsmittel ähneln zwar in der Abgabeform zugelassenen Arzneimitteln. Sie sind jedoch nur dazu bestimmt, die normale Nahrung zu ergänzen und nicht dazu, arzneiliche Wirkung zu entfalten.

Nahrungsergänzungsmittel dürfen deshalb nicht als Arzneimittel angeboten werden. Darüber hinaus sind - jedenfalls laut Vorschrift - auch  Aussagen, die sich auf die Heilung oder Linderung von Krankheiten beziehen, nicht zulässig. Trotzdem ist die Abgrenzung oft schwierig. Nicht zuletzt deshalb müssen immer wieder Gerichte darüber entscheiden, ob ein Präparat ein Nahrungsergänzungsmittel ist, oder ein Arzneimittel.

Ganz wichtig: Nahrungsergänzungen können keine ausgewogene Ernährung ersetzen. Nur wenn der Körper ein ausreichendes Angebot der Grundnährstoffe Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate bekommt, können Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente vom Körper überhaupt adäquat resorbiert werden. Eine einseitige, unausgewogene Ernährungsweise kann nicht durch die Einnahme von Nahrungsergänzungen ausgeglichen werden.

Bei Ernährungsfragen weiß foodwatch-Expertin Dr. Astrid Gerstemeier Rat.

Nahrungsergänzungsmittel sind umstritten

Trotzdem ist der Nutzen von Nahrungsergänzungen immer noch umstritten. Die Befürworter solcher Präparate argumentieren, dass die heute übliche Lebensweise gekennzeichnet ist durch einseitige Ernährung, Stress und Umweltbelastungen. Nahrungsergänzungen seien notwendig, um die Nährstoffzufuhr zu sichern.

Das ist jedoch nicht richtig: Insgesamt ist die Versorgungslage mit Vitaminen und Mineralstoffen (mit Ausnahme von Vitamin D, Folsäure und Jod) in Deutschland als ausreichend zu beurteilen. Das bedeutet, die empfohlenen Referenzwerte der meisten Vitamine und Mineralstoffe werden in der Regel zumeist erreicht oder sogar überschritten. Die Zufuhrempfehlungen (DACH-Referenzwerte) liegen zudem höher als der tatsächliche Bedarf, so dass jemand, der diese Mengen nicht erreicht nicht zwingend sofort einen Mangel hat. Der tatsächliche Nährstoffbedarf ist außerdem von Mensch zu Mensch verschieden. Hier spielen unterschiedliche Einflüsse eine Rolle: Alter, Lebenssituation, Verdauungsleistung und Bewegung.

Deshalb: Vor der Einnahme von Nahrungsergänzungen sollte immer überprüft werden, ob tatsächlich Bedarf an einer Ergänzung besteht. Für schwangere, stillende oder Frauen mit bisweilen unerfülltem Kinderwunsch, Heranwachsende, die sich einseitig oder sichtbar unzureichend ernähren, Leistungssportler, Senioren und chronisch Kranke kann die Einnahme von Nahrungsergänzungen angezeigt sein. Dies sollte aber in jedem Fall immer nur nach eingehender Rücksprache und ggf. Blutanalyse mit einem Arzt, Heilpraktiker oder einer qualifizierten Ernährungsfachkraft  entschieden werden. Denn eine Hypervitaminose, die Überversorgung mit Vitaminen, kann ähnliche Symptome auslösen, wie ein Mangel. Daher sollte nach der Einnahme über einen individuell besprochenen Zeitraum, eine entsprechende Überprüfung erfolgen und alle Möglichkeiten, den benötigten Bedarf über Nahrungsmittel zu decken, ausgeschöpft werden.

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