Frage des Monats 07.02.2019

Wie erkenne ich beim Einkauf Lebensmittel ohne Gentechnik?

Oliver Huizinga von foodwatch antwortet:

In Europa lehnen die Menschen gentechnisch veränderte Lebensmittel mehrheitlich ab. Doch die Gesetze zur Kennzeichnung von Gentechnik in Lebensmitteln sind lückenhaft. Auf was kann ich beim Einkauf achten, wenn ich gentechnisch veränderte Lebensmittel vermeiden will?

Keine Wahlfreiheit bei tierischen Lebensmitteln

Grundsätzlich gilt: Lebensmittel, die gentechnisch verändert sind, müssen in der Europäischen Union seit 2004 gekennzeichnet werden. Allerdings gibt es eine Einschränkung: Gekennzeichnet werden muss erst ab einem Anteil genveränderter Organismen von 0,9 Prozent, unterhalb dieser Schwelle darf es zu Verunreinigungen kommen.

In der EU gibt es praktisch keine gentechnisch veränderten pflanzlichen Lebensmittel im Handel – Verbraucherinnen und Verbraucher würden sie nicht kaufen. Bei tierischen Lebensmittel gibt es jedoch eine Kennzeichnungslücke: So erfahren Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf nicht, ob Fleisch, Milch oder Eier von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. foodwatch setzt sich dafür ein, dass diese Kennzeichnungslücke geschlossen wird.

Bioprodukte sind gentechnikfrei

An was können sich Verbraucherinnen und Verbraucher also orientieren? Wer den Einsatz von Agrar-Gentechnik beim Einkauf nicht unterstützen möchte und die finanziellen Möglichkeiten dazu hat, kann zu Bioprodukten greifen. Gentechnik-Futtermittel sind hier grundsätzlich nicht gestattet. Aber auch für pflanzliche Bio-Produkte gilt, dass Verunreinigungen bis zu einem Anteil von 0,9 Prozent von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind. Der Gesetzgeber trägt hier der Tatsache Rechnung, dass bereits genveränderte Pflanzen angebaut werden und es daher zu unbeabsichtigten Verunreinigungen auch auf Bio-Feldern kommen kann.

Das „Ohne-Gentechnik“-Siegel

Auch das freiwillige staatliche „Ohne Gentechnik“-Siegel soll Orientierung bieten. Gut ist die Auslobung bei pflanzlichen Lebensmitteln: Hier bedeutet das Siegel, dass genveränderte Bestandteile noch nicht einmal in Spuren enthalten sein dürfen. Das „Ohne Gentechnik“-Siegel legt also strengere Maßstäbe an als die gesetzliche Kennzeichnungspflicht.

Anders bei Tierprodukten. Hier ist die grüne Raute vielmehr ein „Fast-aber-nicht-ganz-ohne-Gentechnik-Siegel“. Tragen Eier, Milch oder Fleisch die Auslobung, bedeutet dies, dass die Futtermittel maximal 0,9 Prozent genveränderten Bestandteile enthielten (diese Futtermittel gelten vor dem Gesetz als gentechnikfrei). Und es gibt weitere Ausnahmen: Die Tiere müssen nur einen bestimmten Zeitraum vor der Gewinnung des Lebensmittels (also vor der Schlachtung oder vor dem Legetermin eines Eies) gentechnikfrei gefüttert worden sein – am Anfang ihres Lebens dürfen sie Gen-Futter erhalten. Ob Verbraucher wollen oder nicht: Selbst mit dem Griff zu Produkten mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel unterstützen sie womöglich dennoch ein bisschen Gentechnik auf dem Acker.

Freiwillige Kennzeichnungen sind unzureichend!

Das Hauptproblem des staatlichen Siegels: Seine Verwendung ist freiwillig. Zwar steigt die Zahl der Hersteller, die das offizielle Logo auf ihren Produkten abbilden, kontinuierlich an – nach Angaben des Verbands Lebensmittel ohne Gentechnik tragen inzwischen mehr als 9.000 Lebensmittel das Siegel. Doch in Anbetracht von schätzungsweise 170.000 verschiedenen Lebensmittel-Produkten im deutschen Einzelhandel ist das noch immer nur ein Bruchteil des Angebots. Bei den allermeisten Tierprodukten wissen die Verbraucher nach wie vor nicht, ob genverändertes Futter zum Einsatz kam. foodwatch fordert daher, die unverbindliche „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung auch für tierische Lebensmittel durch eine verpflichtende „Mit Gentechnik“-Kennzeichnung zu ersetzen, wie es sie für pflanzliche Lebensmittel bereits gibt. Nur Pflicht-Angaben schaffen Verlässlichkeit für die Verbraucher.