Nachricht 13.04.2011

Aigners Gesetzentwurf: Viele Schwachstellen bleiben

Der Dioxin-Skandal von Anfang 2011 blieb auch für die Pläne der Bundesregierung zur Novelle des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) nicht ohne Folge. Im Entwurf von Verbraucherministerin Ilse Aigner sind einige langjährige Forderungen von foodwatch umgesetzt. Andere Schwachstellen bleiben dagegen, an einigen Stellen soll die Gesetzeslage aus Sicht der Verbraucher sogar verschlechtert werden.

Die Dioxin-Funde/typo3/ in Eiern und Schweinefleisch Anfang 2011 haben nicht nur die Schwachstellen bei der Futtermittelkontrolle offen gelegt, sondern auch die bei der Verbraucherinformation. Schwarze Schafe müssten künftig genannt werden, hatte der damalige Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) bei der Verabschiedung des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) im Jahr 2008 angekündigt – ein Versprechen, das das Gesetz nicht einhalten konnte. Seehofers Nachfolgerin und Parteifreundin Ilse Aigner legte nun einen Referentenentwurf zur Überarbeitung des VIG vor. Er entstand im Lichte des Dioxin-Skandals und des damit verbundenen öffentlichen Drucks auf die Politik. Daher enthält der vorgeschlagene Gesetzestext erhebliche Verbesserungen. Viele Schwachstellen bleiben jedoch, andere werden sogar vergrößert.

foodwatch fordert Änderungen am Entwurf

foodwatch hat dem Bundesverbraucherministerium eine ausführliche Stellungnahme zum Referententwurf und entscheidende Veränderungen gefordert. Diese betreffen die Kostenregelungen für Verbraucheranfragen und den Gültigkeitsrahmen des Gesetzes.

Positiv ist die Grundentscheidung für die Veröffentlichung von Verbraucherinformationen. Im Entwurf formuliert das Ministerium einen neuen Gesetzeszweck, nach dem in der Regel Informationen herausgegeben werden und nur noch im begründeten Ausnahmefall geheim gehalten werden sollen. Konsequenterweise soll ein Anspruch auch im Falle eines laufenden Ermittlungsverfahrens bestehen. Bisher ist die Rechtslage wenig verbraucherfreundlich: Befindet sich Gammelfleisch im Umlauf, können die Verbraucher nicht erfahren, von welchen Betrieben es potenziell verkauft wird, solange die Staatsanwaltschaft gegen die beteiligten Unternehmen ermittelt. Ist das Ermittlungsverfahren abgeschlossen, besteht zwar Aussicht auf Information – dann aber ist das Gammelfleisch längst verzehrt.

Ausschlussgrund gestrichen

Auch der Verweis auf "sonstige wettbewerbsrelevante Informationen" soll im neuen VIG gestrichen werden. Mit diesem Ausschlussgrund konnten Behörden und Unternehmen in der Vergangenheit Informationsansprüche der Verbraucher abwehren. Dem Entwurf zufolge sollen die Behörden künftig abwägen, ob das Geheimhaltungsinteresse eines Unternehmens den Informationsanspruch der Verbraucher überwiegt. Bislang wurden viele Anfragen unter Hinweis auf private oder betriebliche Belange der Unternehmen pauschal abgewehrt.

Engere Grenzen für Informationsansprüche

Kritisch sieht foodwatch jedoch, dass der Geltungsbereich des VIG weiterhin stark begrenzt bleibt, die Grenzen im Entwurf verglichen mit dem gültigen Gesetzestext teilweise sogar noch enger gezogen werden. So soll weiterhin nur ein Informationsanspruch gegenüber Behörden, nicht aber gegenüber Unternehmen bestehen. Und dieser soll sich nur auf Produkte beziehen – ausgenommen bleiben Informationen über Dienstleistungen wie in der Gastronomie oder im Lebensmittelhandel.

Ein Fortschritt ist, dass Behörden künftig in der Regel aktiv die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen öffentlich machen sollen. Die Behörden müssten demnach Informationen über Rechtsverstöße bei Produkten – zum Beispiel die Dioxin-Grenzwertüberschreitungen in Eiern Anfang 2011 – von sich aus und ohne Anhörung betroffener Unternehmen an die Öffentlichkeit weiter geben.

Behörden können Anfragen bei hohem Aufwand abwehren

Gegenüber dem bisherigen Gesetzestext plant das Verbraucherministerium zwei deutliche Verschlechterungen. Neu wäre zum einen, dass die Behörden umfangreiche Informationsanträge ablehnen könnten, wenn deren Bearbeitung im Vergleich zu anderen Anfragen einen erheblich erhöhten Zeitaufwand erfordert. Ab wann der Aufwand "zu hoch" ist, bleibt jedoch unbestimmt – hier würde den Behörden eine einfache Möglichkeit geschaffen, unbequeme Anträge unter Verweis auf den angeblich unzumutbaren Arbeitsaufwand abzuwehren. Aus Sicht von foodwatch widerspricht das dem Zweck des VIG, für Transparenz zu sorgen. Eine Maßnahme, die vor allem auch auf die Arbeit von Organisationen wie foodwatch oder Greenpeace zielen dürfte, die in der Vergangenheit mit umfassenderen Anfragen eine problematische Situation offen legen konnten.

Hohe Kosten für Verbraucher

Zudem würde die Kostenregelung im Entwurf des Ministeriums Verbraucher schlechter stellen als heute. Waren Informationen zu Rechtsverstößen der Lebensmittelunternehmen bislang grundsätzlich kostenfrei herauszugeben, soll dies künftig nur noch bis zu einem Verwaltungsaufwand von 1000 gelten (bei allen anderen Anfragen bis 250 Euro). Eine Obergrenze für die Gebühren will das Ministerium nicht festlegen. Das heißt: Wenn die Verbraucher zur Kasse gebeten werden, wird es richtig teuer – und dass die Kosten unkalkulierbar sind, wirkt abschreckend und kann vom Stellen einer Anfrage abhalten.