Nachricht 22.09.2006

Bundesrat beschließt wirkungsloses Gesetz

Trotz der Proteste tausender Bürger und der durch den Fleischskandal neu entfachten Debatte um Informationsrechte hat der Bundesrat das Verbraucherinformationsgesetz verabschiedet. Das Gesetz wird seinem Namen jedoch nicht gerecht.

Das Parlament hatte das von der rot-schwarzen Koalition eingebrachte Verbraucherinformationsgesetz (VIG) bereits am 29. Juni beschlossen. Weil die 16 Bundesländer für die Kontrolle von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen zuständig sind, war heute Anschluss der Bundesrat gefragt.

Fleischskandal entfachte Diskussion neu

Ende August war zuerst in Bayern, dann auch in anderen Bundesländern wieder tonnenweise Gammelfleisch entdeckt worden. foodwatch gelang es, die Diskussion von der Forderung nach mehr Kontrollen auf das Verbraucherinformationsgesetz zu lenken. Über das neue VIG wurde in der Öffentlichkeit heftig diskutiert.

Länderpolitiker stimmen trotz Zweifeln zu

Viele Länderpolitiker äußerten Zweifel an der Wirksamkeit des Gesetzes. So Peter Hauk (CDU), Ernährungsminister in Baden-Württemberg: „Um eine eindeutige und klare Transparenz zu schaffen, reicht das Verbraucherinformationsgesetz in seiner jetzigen Form nicht aus.“ Trotzdem hat die Länderkammer das Gesetz verabschiedet. Nur das Land Berlin stimmte dagegen.

Proteste zeigen Wirkung: Seehofer gesteht Mängel ein

Die Proteste von insgesamt mehr als 30.000 Bürgern gegen das kraftlose Verbraucherinformationsgesetz zeigen jedoch Wirkung. Sowohl Länderpolitiker als auch Bundesminister Horst Seehofer (CSU) räumen inzwischen ein, dass das Verbraucherinformationsgesetz nicht weit genug gehe. Ihre absurde Argumentation: Besser ein Gesetz als keines. Doch was nützt ein wirkungsloses Gesetz?

VIG macht Lebensmittelmarkt nicht transparenter

Seehofer behauptet, durch das neue VIG könnten die Namen von in Lebensmittelskandale verwickelten Unternehmen genannt werden. Das ist jedoch nicht wahr: Gerade das leistet Seehofers Gesetz nicht. Zahlreiche Ausnahmeregelungen führen dazu, dass die Namen von Unternehmen in der Regel nicht genannt werden dürfen. Zudem sind die Behörden nicht verpflichtet, von sich aus die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen für jeden zugänglich und leicht verständlich zu veröffentlichen. Durch das kraftlose Verbraucherinformationsgesetz wird sich nichts ändern.

In zwei Jahren wird neu verhandelt

Sechs Monate nach dem Bundesratsbeschluss soll das wirkungslose Gesetz in Kraft treten. Doch nach zwei Jahren soll das VIG wieder auf den Prüfstand. Diese Zeit wird foodwatch nutzen, um die Schwächen des Gesetzes zu dokumentieren. Es ist zu hoffen, dass die Politiker dann endlich ein Verbraucherinformationsgesetz verabschieden, das seinen Namen wirklich verdient. Ein Gesetz, das es bereits jetzt geben könnte, wenn die Politiker den Mut hätten, die Rechte der Bürger über die Interessen der Unternehmen zu stellen.