Nachricht 13.02.2012

Keine Informationspflichten bei Gammelfleisch

Der Bundesrat hat am Freitag neue Regelungen zur Information der Verbraucher beschlossen. Behörden sind damit weiter nicht verpflichtet, bei Gammelfleisch-Funden zu informieren. Auch Hygieneverstöße und Täuschungsfälle müssen nicht immer veröffentlicht werden. Nur bei Grenzwertüberschreitungen müssen die Behörden zwingend informieren – und auch das erst, wenn ein zweites Labor die Ergebnisse bestätigt hat.

Die heute vom Bundesrat verabschiedeten Änderungen im Verbraucherinformationsgesetz und in § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches treten am 1. September 2012 in Kraft. An der Geheimniskrämerei der Behörden wird sich dadurch allerdings wenig ändern. Auch in Zukunft können Beamte entscheiden, ob sie die Verbraucher bei ekelerregenden Zuständen wie Gammelfleisch informieren – oder eben nicht. Auch über Hygieneverstöße oder bei Täuschung muss nicht in jedem Fall informiert werden. Dabei hat der aktuelle Skandal um die ekelhaften Zustände in der bayerischen Großbäckerei Müller-Brot gerade erst wieder gezeigt: Wenn Behörden nicht glasklar verpflichtet werden, über Ergebnisse von Kontrollen zu informieren – und zwar ohne Einschränkungen – behalten sie ihr Wissen im Zweifel für sich.

Behörden schwiegen – obwohl sie informieren „sollten“

Im Fall der bayerischen Großbäckerei, die in der vergangenen Woche den Betrieb einstellen musste, wussten die Behörden seit März 2010 von gravierenden Hygiene-Mängeln. Ahnungslose Verbraucher haben seit März 2010 mehr als 640 Millionen Brötchen und 45 Millionen Brotlaibe von Müller-Brot gegessen, während bayerische Beamte wegen Mäusekot und Kakerlaken in der Großbäckerei ein und aus gingen. Jetzt tun die bayerischen Behörden so, als hätten sie nicht informieren können. Tatsächlich konnten sie das nicht nur, sondern sie „sollten“ es schon laut bisherigem Gesetzestext ausdrücklich. Trotzdem haben sie nicht informiert – und den Ermessensspielraum, den ihnen das Wort „sollen“ ließ, damit eben nicht im Interesse der Verbraucher genutzt, sondern zum Schutz des betroffenen Unternehmens Müller-Brot.

Rechtsgrundlage für das Smiley-System fehlt weiter

Der Bundesrat hat damit die Gelegenheit verstreichen lassen, Behörden ohne Wenn und Aber zur Information der Öffentlichkeit zu verpflichten. Die zuständigen Ämter müssen die Ergebnisse der staatlichen Lebensmittelkontrollen weiterhin weder im Internet veröffentlichen, noch sind Restaurants und Lebensmittelbetriebe gezwungen, sie mit einem leicht verständlichen Symbol wie dem Smiley an der Eingangstür auszuhängen. Dieses System hat sich in Dänemark seit inzwischen 10 Jahren bewährt, die Quote der beanstandeten Betriebe hat sich seit der Einführung des Smiley-Systems halbiert. In Deutschland bleibt sie dagegen seit Jahren gleich: Jeder vierte Betrieb fällt bei den Kontrollen negativ auf.

Was der Bundesrat heute beschlossen hat, bedeutet schlicht: Den Bürger können unter den Augen der Behörden weiter Ekel-Waren untergejubelt werden.