Werbung mit Comicfiguren

Die Lebensmittelindustrie setzt in ihrem Marketing gezielt beliebte Comicfiguren ein, um Kinder schon früh auf ungesunde Lebensmittel anzufixen. Auf diese Weise missbraucht die Industrie das Vertrauen, das Kinder ihren Idolen entgegen bringen. Damit muss Schluss sein!
Multimediaunternehmen wie Studio 100, Disney oder Nickelodeon halten die Rechte an zahlreichen beliebten Figuren wie der Biene Maja, Micky Maus oder Spongebob Schwammkopf. Gegen Geld erlauben sie verschiedensten Unternehmen, mit den Figuren zu werben: von Spielzeugherstellern bis Lebensmittelproduzenten. Micky Maus wirbt für einen zuckrigen Danone-Joghurt mit Knusper-Schokoladenstücken, der schlaue Wikingerjunge Wickie preist die fettig-süßen Hörnchen von Kuchenmeister an und Biene Maja verleitet Kinder dazu, sich für die Fruchtgummis von Katjes zu entscheiden.
„Endorsement“ als Marketing-Strategie
Dieses sogenannte „Endorsement“, bei dem eine bekannte und ansprechende Figur für Werbekampagnen eingesetzt wird, ist sehr effektiv. Biene Maja und Spongebob rufen kleinen Kindern im Geschäft zu: „Hallo kleiner Freund, dieses Produkt ist toll – du musst es haben!“ Studien zeigen, dass es funktioniert. Kinder finden Produkte mit so einem beliebten Fürsprecher besser und leckerer. So quengeln die Kinder im Supermarkt um Biene-Maja-Wurst oder Wickie-Kaubonbons mit coolem Seefahrer-Tattoo.
Kids von 4 bis 13 bekommen 2 Milliarden Euro Taschengeld
Die Marketing-Profis wissen, dass der „Quengelfaktor“ zieht und genau deswegen ist das Geld für die Lizenzen der Figuren aus Sicht der Lebensmittelindustrie gut investiert. Tobsuchtanfälle und Familienstreit werden ganz gezielt provoziert, um mehr und mehr Süßigkeiten zu verkaufen. Und wenn die Eltern „hart“ bleiben? Dann wird eben das Taschengeld in Spongebob-Limonade umgesetzt. Kinder in Deutschland im Alter von 4 bis 13 Jahren verfügen zusammengenommen jährlich über ein Taschengeld von knapp 2 Milliarden Euro!
Medienunternehmen fördern Fehlernährung
Kinder in Deutschland verzehren nur halb so viel Obst und Gemüse, wie empfohlen – aber doppelt so viele Süßwaren, Snacks und Soft Drinks! Die Folgen sind Übergewicht und erhöhte Risiken für chronische Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes. Auch die Multimediaunternehmen tragen dafür Verantwortung: Die allseits beliebten Kinderidole und Comic-Helden preisen vor allem unausgewogene Nahrungsmittel an. Aus Sicht der Lebensmittelhersteller ist das logisch, denn mit Süßigkeiten und Softdrinks lässt sich deutlich mehr Geld verdienen als mit Obst oder Gemüse. Bei billigen Grundzutaten wie Fett, Zucker oder Aromen darf auch die Lizenz für Micky Maus oder Maja etwas mehr kosten. Und die Rechteinhaber der Figuren, meist Medienunternehmen, verdienen fleißig mit.
Besonders dick im Geschäft: Studio 100
Studio 100, der belgische Multimediakonzern hinter Biene Maja und Wickie, ist besonders dick in diesem Geschäft: Maja und Wickie prangen auf zahlreichen Produkten – von Fruchtgummis und Bonbons über salzige Wurst bis hin zu Chips. Studio 100 hat offenbar keine Vorgaben im Hinblick auf die Nährstoff-Zusammensetzung der Lebensmittel, die mit den beliebten Figuren werben. Nach Kritik von foodwatch hat das Unternehmen auch Lizenzen für Obst und Gemüse-Marketing vergeben. Doch das normale Geschäft mit zuckrig-fettigen Kinderprodukten soll offenbar wie bisher weiter gehen.
„Die Maus“ ist den anderen weit voraus
Die WDR mediagroup ist da im Vergleich einen großen Schritt voraus: Die Hauptfigur der beliebten Kinderserie „Die Sendung mit der Maus“ soll ab 2017 fast ausschließlich für Lebensmittel stehen, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als gesund eingestuft werden. Nur Produkte, die für besondere Anlässe wie Weihnachten produziert werden, sollen von dieser Regelung ausgenommen werden.
Auch andere Medienunternehmen erkennen ihre Mitverantwortung an. Disney (Micky Maus, Donald Duck, Star Wars, ...) erklärte auf Nachfrage von foodwatch bis 2020 erreichen zu wollen, dass 85 Prozent der Produkte die Disney-eigenen Nährwertkriterien erfüllen. Doch auch diese sind vergleichsweise lasch und lassen weiterhin Kindermarketing für überzuckerte Frühstücksflocken oder Süßigkeiten zu. Disney gab im Jahr 2015 an, die Vorgaben würden derzeit überarbeitet. Auf Nachfrage bekam foodwatch jedoch auch ein Jahr später eine ähnlich unkonkrete Antwort.
Nickelodeon (Spongebob Schwammkopf, Teenage Mutant Ninja Turtles) verweist auf Nachfrage von foodwatch ebenfalls auf interne Richtlinien. Dennoch vergibt Nickelodeon Lizenzen für die Vermarktung von Limonade und Süßigkeiten. Das galt auch im Jahr 2016 noch immer.
Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Europa hat Anfang 2015 Empfehlungen für die Beschränkung von Kindermarketing veröffentlicht. In diesem nutrient profile model beurteilt die WHO Lebensmittel anhand ihrer Zusammensetzung und definiert, welche Lebensmittel sich im Marketing an Kinder richten sollten und welche nicht. Dabei spielen die Anteile von Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz, aber auch der Kaloriengehalt, Zuckerzusätze und die zugefügte Süßstoffe eine Rolle. Es wäre ein Leichtes für Medienunternehmen wie Studio 100, künftig ihre Lizenzen an Comicfiguren nur noch für solche Lebensmittel herzugeben, die die Anforderungen des WHO-Modells erfüllen.
Das fordert foodwatch
foodwatch fordert Studio 100 dazu auf, seiner Verantwortung gerecht zu werden und nur noch Lizenzen für ausgewogene Lebensmitteln zu vergeben. Unser Marktcheck zu Lebensmitteln, die mit Studio 100-Figuren beworben werden, zeigt: Nur ein einziges (!) der 32 von foodwatch identifizierten Produkte wäre nach dem WHO-Modell für die Vermarktung an Kinder geeignet. Sie alle – bis auf eine Ausnahme - sind zu süß, zu fett oder zu salzig. Dies steht in krassem Widerspruch zu den angeblichen ethischen Werten der sozialen Verantwortung, welche sich das Unternehmen selbst zuschreibt und welche es als „Schlüssel seines Erfolges“ bezeichnet. Unterzeichnen Sie jetzt unsere Mitmach-Aktion!