Nachricht 16.04.2014

EU-Parlament akzeptiert „Maulkorb“ für Kontrollbehörden

Das Europäische Parlament hat einem Vorschlag der EU-Kommission zur Novellierung der EU-Kontrollverordnung zugestimmt. Damit soll eine umfassende „Geheimhaltungspflicht“ eingeführt werden. Tritt die neue Verordnung in Kraft, würde das einen „Maulkorb“ für die Kontrollbehörden bedeuten: Relevante Informationen könnten nicht mehr an die Verbraucher weitergereicht werden. foodwatch fordert: Im „Trilog-Verfahren“ zwischen Parlament, Kommission und den Mitgliedsstaaten müssen die Pläne gestoppt werden.

Mit deutlicher Mehrheit haben sich die Abgeordneten in Straßburg für die Pläne der Europäischen Kommission zur Neufassung der EU-Kontrollverordnung ausgesprochen. Die endgültige Entscheidung über die neuen Regeln in der Lebensmittelüberwachung fällt nun im sogenannten Trilog-Verfahren in der Abstimmung zwischen Parlament, Kommission und den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.  

Geheimhaltungspflicht für Behörden

Die Pläne zur Neuregelung der Kontrollverordnung sehen eine „Geheimhaltungspflicht“ vor: Behörden sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen nicht publik machen dürfen, wenn dies „den Schutz der geschäftlichen Interessen“ von Unternehmen „beeinträchtigen“ würde. Zwar soll eine Abwägung stattfinden, ob das öffentliche Interesse den kommerziellen Interessen überwiegt – im Zweifel könnten sich die Beamten aus Sorge vor Klagen jedoch immer für die Geheimhaltung entscheiden. Eine ähnliche Formulierung hat im deutschen Verbraucherinformationsgesetz jahrelang dazu geführt, dass Behörden selbst Gesetzesverstöße meist nicht veröffentlicht haben.


Sollte die Verordnung in Kraft treten, würde sie der Wirtschaft zahllose Möglichkeiten bieten, gegen die Veröffentlichung von Informationen über Hygieneverstöße gerichtlich vorzugehen. Die Hürden, die die neue Verordnung für die Information der Verbraucher über die Kontrollergebnisse setzt, wären für die Behörden außerdem so hoch, dass diese wahrscheinlich nur selten überhaupt etwas veröffentlichen würden. Wenn die Behörden Verbraucher über Gesetzesverstöße oder Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung informieren, sollen sie „Bemerkungen“ des betroffenen Unternehmens „berücksichtigen“ oder zeitgleich mitveröffentlichen. Die öffentliche Information wird dann so umfangreich und widersprüchlich, dass Verbraucher sie nicht mehr verstehen oder einordnen können.

Das Ende der unabhängigen Lebensmittelüberwachung

Außerdem sollen amtliche Kontrollen so durchgeführt werden, dass „die Zusatzbelastung durch die Kontrollen für die Unternehmer so weit wie möglich reduziert werden.“ Zudem sollen die Mitgliedstaaten Gebühren für die amtlichen Kontrollen erheben dürfen, während es gleichzeitig ermöglicht werden soll, private Unternehmen mit der Überwachung zu beauftragen.  Das wäre das Ende einer unabhängigen staatlichen Lebensmittelüberwachung.

Geheimniskrämerei anstatt Politik für die Bürger Europas

Das Fazit von foodwatch: Die EU verkauft Geheimniskrämerei als Politik für die Bürger Europas. Die Novellierung der Kontrollverordnung würde in dieser Form nicht zu mehr, sondern zu weniger Lebensmittelsicherheit führen. Statt durch umfassende Transparenzvorschriften für Behörden den öffentlichen Druck auf die Lebensmittelwirtschaft zur Einhaltung der Gesetze zu erhöhen, soll Schweigen zur ersten Kontrolleurspflicht gemacht werden. Gammelfleischhändlern und Pferdefleischschiebern wird das Leben damit einfach gemacht. Verbraucher würden kaum noch über Betrug und Gesundheitsgefahren in der Lebensmittelwirtschaft informiert werden.

EU-Mitgliedsstaaten müssen neue Verordnung stoppen!

foodwatch fordert: Was alle betrifft, müssen auch alle wissen dürfen. In den nun folgenden Trilog-Verhandlungen müssen die Pläne gestoppt werden! Die Regierungen der Mitgliedstaaten müssen beweisen, dass sie wirklich mehr Verbraucherschutz wollen. Entscheidend ist, dass alle Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen veröffentlicht werden – in mehr als zehn Jahren hat sich das in Dänemark mit dem wegweisenden Smiley-System bewährt. Dafür wird foodwatch sich auch weiterhin einsetzen!

(Bild: fotolia.com/brandex)