Protein-Masche

Die Lebensmittelindustrie verfolgt mit der Protein-Masche das Ziel, mit überflüssigem Eiweißzusatz einen höheren Preis zu erzielen. Und dass, obwohl das zusätzliche Protein in der Ernährung nicht einmal gebraucht wird.
Proteinprodukte sind eine von vielen „Innovationen“ der Lebensmittelindustrie, die es für eine ausgewogene und gesunde Ernährung einfach nicht benöigt. Offensichtlich ist der Protein-Zusatz die neueste Masche der Lebensmittelindustrie, Verbraucherinnen und Verbrauchern das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Protein-Produkte bis zu 2,5-mal teurer
Den neuen Trend der Lebensmittelindustrie müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher teuer bezahlen. Hersteller verlangen für Protein-Produkte zum Teil erheblich höhere Preise, als für vergleichbare Produkte ohne Proteinzusatz:
- Der Bauer „Protein Drink Vanille“ kostet beispielsweise mit 0,41 Euro pro 100ml deutlich mehr als andere Vanillemilch. Das Bauer Produkt ist knapp 40 Prozent teurer als Landliebe „Landmilch Vanille“ und 64 Prozent teurer als Müller Milch „Vanilla“. Im Vergleich zu Bärenmarke „Alpenfrische Vanille Milch“ kostet der Bauer Drink sogar mehr als 2,5-mal so viel.
- Auch Hersteller Mestemacher verlangt für sein „Eiweißbrot“ mit 3,18 Euro für 500g mehr als doppelt so viel wie für sein Vollkornbrot.
- Und während das klassische Knuspermüsli von Dr. Oetker Vitalis 2,99 Euro je 600g kostet, bezahlen Kundinnen und Kunden für das „Proteinreiche Knuspermüsli“ mit 3,99 Euro für nur 375g mehr als doppelt so viel.
Überflüssige Proteine für den extra Marketing-Erfolg
Ob Eiweiß-Brot, Protein-Müsli oder Protein-Getränke: Die Bandbreite an Lebensmitteln, denen Proteine extra hinzugefügt werden, ist groß. Beworben werden die Produkte alle ähnlich: Abbildungen und Werbebotschaften wie „unterstützt den Muskelaufbau“ oder „knackige Muskeln aufbauen und sich supersexy fühlen“ suggerieren, dass die extra Portion Proteine besonders gesund und gerade für sportlich aktive Menschen notwendig ist. Dabei ist zusätzliches Protein selbst für Menschen, die viel Sport treiben, völlig überflüssig.
Die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Erwachsene empfohlene Proteinmenge kann problemlos durch eine ausgewogene Ernährung aufgenommen werden. Selbst erwachsene Breitensportlerinnen und -sportler, die vier- bis fünfmal pro Woche 30 Minuten bei mittlerer Intensität körperlich aktiv sind, haben laut DGE keinen erhöhten Proteinbedarf. Eine Ausnahme davon sind Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen mehr Proteine zu sich nehmen müssen oder Leistungssport betreiben – doch an diese Sonderfälle ist die Protein-Werbung nicht gerichtet. So adressiert beispielsweise Hersteller Bauer mit seiner Protein-Milch nach eigener Aussage eine „fitnessorientierte und alltagsaktive Zielgruppe“.
Proteine werden zusätzlich hinzugefügt
Damit Hersteller mit Slogans wie „hoher Proteingehalt“ oder „Proteinquelle“ werben dürfen, müssen die Produkte einen bestimmten Proteingehalt aufweisen. Festgelegt werden die Mindestgehalte in der europäischen Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel („Health Claims“-Verordnung). Den hohen Proteingehalt erreichen Hersteller aber meist nur, wenn sie die Rezeptur entsprechend anpassen und Proteine zusätzlich hinzufügen. Müsli wird beispielsweise mit Soja-, Erbsen- oder Weizen-Eiweiß aufgepeppt, Vanillemilch bekommt zusätzliches Milcheiweiß zugesetzt, Brot wird mit extra Weizeneiweißkonzentrat gebacken und Smoothies werden Soja-Proteine hinzugefügt. Nur so kann der hohe Protein-Anteil im Lebensmittel erreicht und dementsprechend auch beworben werden.
„Wachstumssegment des Jahres“
Protein-Produkte zählen damit zwar noch zu einer Nische, aber Protein-Lebensmittel sind laut einer gemeinsamen Studie der Lebensmittelindustrie und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) „das Wachstumssegment des Jahres“. Mit einem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von 62,2 Prozent erzielten Protein-Produkte im letzten Jahr einen Umsatz von über 200 Mio. Euro. Vor vier Jahren waren es nur rund 50 Millionen Euro.