Nachricht 13.01.2015

foodwatch kritisiert „Tierwohl-Fonds“ für Landwirte

Ein Bündnis aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel will die Haltungsbedingungen für Schweine und Geflügel in Deutschland verbessern. Landwirte, die ihren Tieren zum Beispiel mehr Platz bieten als es die Gesetze vorschreiben, sollen künftig aus einem Fonds Gelder beantragen können. Dafür müssen sie Verbesserungen bei der konventionellen Nutztierhaltung nachweisen. foodwatch kritisierte die rein freiwillige Initiative als ein Armutszeugnis für die Branche.

In den kommenden drei Jahren stünden rund 255 Millionen Euro für den Tierhaltungs-Fonds für Landwirte bereit, kündigte die „Initiative Tierwohl“ am Dienstag in Berlin an. Die Idee begründete die Initiative mit einem Umdenken der Gesellschaft beim Fleischverzehr. So fänden inzwischen rund 60 Prozent der Verbraucher eine artgerechte Tierhaltung wichtig, berichtete Alexander Hinrichs, Geschäftsführer der „Initiative Tierwohl“. Allerdings wollten nur 30 Prozent auch deutlich mehr Geld dafür ausgeben. Der Biobereich liege beim Konsum bei weniger als einem Prozent. Der neue Fonds ziele deshalb auf die Breite der Fleischerzeugung – und nicht auf Nischen.

85 Millionen Euro für bessere Haltungsstandards

Der Fonds speist sich aus dem Fleischverkauf. Teilnehmer sind bisher die Handelsketten Aldi, Edeka, Kaiser's Tengelmann, Kaufland, Lidl, Netto, Penny, Real und Rewe. Sie zahlen vier Cent pro Kilogramm Verkaufsmenge ein. Es bleibe dem Handel überlassen, ob er die Fleischpreise für diese Abgabe erhöhe, sagte Franz-Martin Rausch, Geschäftsführer beim Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels.

Das Interesse bei den Landwirten sei bisher groß, sagte Hinrichs. Für 2015 stünden 85 Millionen Euro im Fonds bereit. Dafür lasse sich die Haltung für bis zu acht Millionen Schweine, 300 Millionen Hähnchen und 15 Millionen Puten verbessern.

Was verbessert sich konkret?

Was sich konkret für die Nutztiere verbessert, bleibt nach Angaben der Initiative neben Grundstandards wie der Überwachung von Antibiotika-Gaben dem Landwirt überlassen. Er kann sich bei Schweinen zum Beispiel verpflichten, Auslauf für die Tiere zu schaffen, sie zusätzlich mit Heu zu füttern oder Haltebuchten in Liege-, Spiel- und Fressbereiche aufzuteilen, berichtete Johannes Röring für den Deutschen Bauernverband. Puten könnten die Schnabelspitzen nicht mehr mit einem heißen Messer, sondern schmerzfreier per Infrarot-Technik gestutzt werden, ergänzte Leo Graf Drechsel für den Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft.

Freiwillige Initiative ein Armutszeugnis für die Branche

foodwatch sieht in der Initiative ein Armutszeugnis für die Branche. Spätestens seit der BSE-Krise ist klar, dass in der Nutztierhaltung umgesteuert werden muss. Doch statt im fleischsatten Europa dafür zu sorgen, die Rechte der Tiere durchzusetzen, die ihnen laut Grundgesetz und Lissabon-Vertrag der EU zustehen, geht es vor allem um Exportchancen auf dem Weltmarkt.

foodwatch kritisiert: Schon der Begriff „Tierwohl“ ist nichts anderes als Kosmetik. Zwar können die wichtigsten arteigenen Verhaltensweisen von Nutztieren wissenschaftlich beschrieben und ihr Gesundheitszustand erfasst werden. Aber Aussagen wie „Wohlbefinden“ sind nur vage Begriffe. Für foodwatch ist klar: Eine freiwillige Maßnahme soll das Tätigwerden des Gesetzgebers verhindern, das eigene Image aufpolieren, aber die Geschäfte nicht stören. Dabei kann nur konsequente Gesetzgebung und -durchsetzung den Tieren helfen. Und nur das kann ethisch gerechtfertigt werden!

(mit dpa)