Nachricht 12.02.2019

Diabetesgesellschaft verlässt Klöckners Beratergremium für freiwillige Zuckerreduktion

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner will die Lebensmittelindustrie dazu bringen, freiwillig weniger Zucker in ihre Produkte zu tun. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft ist nun aus dem Beraterkreis der Initiative ausgestiegen – Klöckners Strategie sei schon jetzt zum Scheitern verurteilt, so die Organisation. Frau Klöckner müsse endlich verbindliche Maßnahmen gegen Fehlernährung und Fettleibigkeit auf den Weg bringen.

Es war im Dezember vergangenen Jahres, als Julia Klöckner mit großem Tamtam ihre „Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten“ <link https: www.foodwatch.org de informieren zucker-fett-co aktuelle-nachrichten kloeckners-reduktionsstrategie-bitte-bitte-weniger-zucker>ins Leben rief. Erklärtes Ziel: „eine gesunde Lebensweise zu fördern“ und „den Anteil der Übergewichtigen und Adipösen in der Bevölkerung zu senken“. Statt dafür aber – wie von der medizinischen Fachwelt seit Jahren gefordert – verbindliche Maßnahmen wie eine Lebensmittelampel oder eine Limo-Steuer einzuführen, sollen die Hersteller von Fertigprodukten freiwillig weniger Zucker in ihre Produkte tun. 

„Praktisch wirkungslos“

Die Initiative überwachen soll ein Beraterkreis aus Verbraucherschützern, der Lebensmittelwirtschaft und wissenschaftlichen Fachorganisationen. Doch unmittelbar vor Arbeitsbeginn hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) das Gremium bereits wieder verlassen. 

Das Gremium sei „praktisch wirkungslos“, <link https: www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de presse ddg-pressemeldungen meldungen-detailansicht article deutsche-diabetes-gesellschaft-lehnt-teilnahme-am-begleitgremium-zur-nationalen-reduktionsstrategie.html>erklärte die DDG den Schritt. „Der deutsche Sonderweg, eine Reduktion nur freiwillig und im Konsens mit der Industrie zu erreichen, muss bereits jetzt als gescheitert angesehen werden.“

„Die Lebensmittelindustrie ist nicht Teil der Lösung, sondern Kern des Problems. Coca-Cola, Ferrero & Co. haben kein Interesse daran, eine gesunde Ernährung zu fördern – sie verdienen ihr Geld mit Zuckerbomben. Andere Länder zeigen längst, wie moderne Ernährungspolitik aussehen kann. Doch Frau Klöckner traut sich bisher nicht, sich mit der Industrie anzulegen. Sie nimmt Übergewicht, Diabeteserkrankungen und frühzeitige Todesfälle billigend in Kauf.“

Oliver Huizinga, Leiter Recherche & Kampagnen bei foodwatch

Freiwillige Reduktionsstrategie in den Niederlanden gescheitert

Erst kürzlich etwa hatten führende internationale Forscherinnen und Forscher in einem neuen Report effektive Maßnahmen angemahnt, um Fettleibigkeit und Fehlernährung in den Griff zu bekommen. Die Strategie der freiwilligen Selbstverpflichtung sei zum Scheitern verurteilt, hieß es in der <link https: www.foodwatch.org de presse pressemitteilungen internationale-expertenkommission-einfluss-der-lebensmittellobby-verhindert-effektive-massnahmen-gegen-fehlernaehrung-foodwatch-schallende-ohrfeige-fuer-gesundheitsgefaehrdende-politik-von-ernaehrungsministerin-julia-kloeckner>im Fachblatt „The Lancet“ veröffentlichten Studie. Auch Erfahrungen aus den Niederlanden zeigen, dass rein freiwillige Maßnahmen nicht ausreichen: Dort war ein Programm zur freiwilligen Zuckerreduktion gescheitert, wie das offizielle Monitoring der obersten staatlichen Gesundheitsbehörde gezeigt hat. Der Zuckergehalt aller untersuchten Produktgruppen blieb dort im Zeitraum 2011 bis 2016 unverändert.

In Deutschland fordern Ärzteverbände, Krankenkassen und Verbraucherorganisationen in Deutschland schon lange zum Beispiel eine verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben, eine Beschränkung der Lebensmittelwerbung an Kinder sowie eine Herstellerabgabe auf gesüßte Getränke. Im vergangenen Jahr hatten mehr als <link https: www.foodwatch.org de presse pressemitteilungen fettleibigkeit-diabetes-zahnkrankheiten-mehr-als-2000-aerztinnen-und-aerzte-fordern-massnahmen-gegen-fehlernaehrung-auch-krankenkassen-und-fachgesellschaften-unterstuetzen-offenen-brief-an-bundesregierung>2.000 Ärztinnen und Ärzte die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. 

Foto: © picture alliance / Sammy Minkoff