Pressemitteilung 08.02.2019

foodwatch und FragDenStaat: Gastro-Lobby muss Falschaussagen zu Online-Plattform „Topf Secret“ zurücknehmen – DEHOGA täuscht Öffentlichkeit und Behörden – Stadt Köln fällt darauf herein

Die Verbraucherorganisation foodwatch und die Transparenzinitiative FragDenStaat haben den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) aufgefordert, Falschaussagen über die Online-Plattform „Topf Secret“ zurückzuziehen. Der Lobbyverband hatte behauptet, die Veröffentlichung von Hygiene-Kontrollberichten auf dem Verbraucherportal sei „rechtswidrig“. foodwatch und FragDenStaat riefen angeblich zum „Rechtsbruch“ auf, denn „ausschließlich die zuständigen Behörden“ dürften über Hygienemängel informieren. Diese Auffassung wird selbst vom eigenen Dachverband, dem Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft (BLL) ausdrücklich „nicht geteilt“. Das zeigt ein internes Schreiben an die Mitglieder des BLL – darunter auch der DEHOGA. Antragsstellerinnen und Antragssteller dürfen demnach sehr wohl die erlangten Infos auf „Topf Secret“ veröffentlichen.

Trotz dieser eindeutigen Klarstellung folgt die Stadt Köln der Argumentation des DEHOGA. Seit Montag dieser Woche verschickt das zuständige Kölner Verbraucherschutzamt einen Hinweis an hunderte Antragssteller, dass „die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse über das Internet untersagt ist“. Dies sei ausgemachter Unsinn und schüchtere Bürgerinnen und Bürger ein, kritisierten foodwatch und FragDenStaat. Unter www.topf-secret.foodwatch.de können Verbraucherinnen und Verbraucher die Ergebnisse von Hygienekontrollen in Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben mit wenigen Klicks abfragen und im Anschluss veröffentlichen.

„Mit Falschaussagen versucht die Gastro-Lobby die Öffentlichkeit und Behörden einzuschüchtern, um eine ungeliebte Transparenzinitiative für Hygiene in Gaststätten aus dem Weg räumen“, erklärte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch. 

Arne Semsrott, Projektleiter von FragDenStaat, sagte: „Dass die Gastro-Lobby mehr Transparenz verteufelt, war abzusehen. Dass die Stadt Köln dieser Argumentation aber blind folgt, ist mehr als peinlich! Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, die Ergebnisse der Hygiene-Kontrollen abzufragen – und sie auch zu veröffentlichen.“

Bisher machen die Kontrollbehörden in Deutschland nur in Ausnahmefällen öffentlich, wie es um die Sauberkeit in Lebensmittelbetrieben bestellt ist – obwohl seit Jahren jeder vierte kontrollierte Betrieb beanstandet wird, größtenteils wegen Hygienemängeln. Die von foodwatch und FragDenStaat vor drei Wochen gestartete Online-Plattform „Topf Secret“ will nun Licht ins Dunkel bringen: Verbraucherinnen und Verbraucher können die bislang meist geheim gehaltenen Hygiene-Kontrollberichte beantragen und im Anschluss für alle anderen sichtbar machen. Der DEHOGA hält diese Veröffentlichungen jedoch für „rechtswidrig“. Nur die zuständigen Behörden hätten das Recht, Hygienemängel transparent zu machen, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme unter Verweis auf das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). In der Stellungnahme kündigt der Verband auch an, „keine rechtlichen Möglichkeiten“ ungenutzt lassen zu wollen, „gegen die Veröffentlichungen vorzugehen“.

Der Dachverband der Lebensmittelwirtschaft (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, BLL) hingegen widersprach dieser Auffassung am 29. Januar 2019 in einem internen Schreiben an seine Mitglieder – darunter auch der DEHOGA – deutlich. Die Auffassung, nur die zuständige Behörde dürfe Hygienemängel veröffentlichen, wird laut dem Schreiben vom BLL ausdrücklich „nicht geteilt“. Schließlich handele es sich bei einer Veröffentlichung auf „Topf Secret“ um eine „individuell erteilte Auskunft“ nach dem Verbraucherinformationsgesetz. Dies müsse „rechtlich gesondert betrachtet“ werden von der Regelung im LFGB, auf die sich der DEHOGA bezieht. Unter Verweis auf Urteile des Verwaltungsgerichtshofs München und des Verwaltungsgerichts Regensburg schreibt der BLL zudem: „Gerade die unverfälschte Weitergabe der erlangten Informationen an Dritte ist demnach nicht rechtsmissbräuchlich“.