Frage des Monats 01.01.2013

„Oft höre ich, es sei besser, am Abend keine Kohlenhydrate zu essen? Ist das wahr?“

Antwort der Ernährungsexpertin Astrid Gerstemeier:

Die Festtage sind vorüber, ein neues Jahr hat begonnen und die Waage zeigt mehr als gewünscht. Kann es da helfen ein paar angefutterte Pfunde zu reduzieren, indem man abends auf Kohlenhydrate verzichtet? Das ist eine oft gestellte Frage.

Eine (vermeintlich) einfache Rechnung

Letztlich kommt es natürlich immer auf die Gesamtenergiemenge an, die ein Mensch täglich zu sich nimmt. Wer abnehmen möchte, muss weniger Energie aufnehmen als er verbrennt – auf diese simple Rechnung läuft es unterm Strich hinaus. Die Gesamtenergiemenge sollte gut ausgewogen sein zwischen Eiweißen, Kohlenhydraten und Fetten. Häufig ist die Versorgung mit Kohlenhydraten nicht nur an den Festtagen sondern auch im Alltag höher als wirklich notwendig.

Insulin-Ausschüttung gering halten

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Bekommt der Körper in einer Mahlzeit Kohlenhydrate zur Verfügung gestellt, kann er die Energie daraus mehr oder weniger direkt gewinnen, ohne dass dabei viel eigene Energie aufgewendet werden muss. Einen Sättigungseffekt durch den Verzehr von Kohlenhydraten – etwa durch Brot, Nudeln aber auch Schokolade – bemerken wir sehr schnell, aber auch nicht sehr nachhaltig. Besteht eine Mahlzeit in erster Linie aus Eiweiß ohne komplexe Kohlenhydrate, wie beispielsweise ein Steak mit  Salat, muss der Körper hingegen erst körpereigene Energien frei setzten, um aus den Eiweißen Energie gewinnen zu können – was länger dauert, aber auch länger sättigt. Beim Verzehr von kohlenhydratreichen Mahlzeiten produziert der Körper Insulin, um die Kohlenhydrate zu verstoffwechslen. Kohlenhydratarme Diäten versuchen diese Insulin-Ausschüttung möglichst gering zu halten und die Energieversorgung des Körpers durch  Körperfett zu stimulieren (ketogene Stoffwechsellage), was dann zum Abbau der Fettreserven des Körpers führt. Wenn der Blutzuckerspiegel durch entsprechende Kohlenhydrat-Zufuhr schon ausreichend hoch ist, baut der Körper keine vorhandenen Fettreserven ab.

Entscheidend ist die „Kohlenhydrat-Pause“

Ob das gesünder oder ungesünder ist, hängt auch  davon ab, wer das langfristig praktiziert.  Es gibt gleichermaßen Studien „pro“ als auch „contra“. Das Prinzip der Kohlenhydrat-Reduktion ist jedoch ein sinnvolles Prinzip bei Übergewicht, Adipositas, Metabolischem Syndrom und Typ 2-Diabetes – und letztlich für jeden, der sich am Tag überwiegend nicht viel bewegt. Die Methode funktioniert grundsätzlich unabhängig von der Uhrzeit. Wer Gewicht reduzieren möchte, braucht innerhalb eines Tages  – innerhalb von 24 Stunden – mindestens eine lange Pause in der keine Kohlenhydrate konsumiert werden, sonst kommt die Fettverbrennung erst gar nicht in Gang.

Tagsüber fasten, abends schlemmen?

Aber diese Phase muss nicht nachts sein, das heißt man muss nicht zwingend abends auf Kohlenhydrate verzichten. Je länger die Phase mit niedrigem Insulinspiegel dauert, umso eher erreicht man allerdings die angestrebte Gewichtsreduktion. Bei gleichmäßiger Zufuhr  auch nur moderater Kohlenhydrat-Mengen hingegen, über den Tag verteilt vom Frühstück bis zum Snack vor dem Schlafengehen, kann das Abnehmen nicht funktionieren. Es gibt Studien, die zeigen, dass Menschen, die am Abend sehr kohlenhydratreiche Mahlzeiten zu sich nehmen, aber über den Tag eine Kohlenhydratpause machen (zum Beispiel Muslime im Fastenmonat Ramadan), sogar noch eher Gewicht reduzieren, als Personen, die die gleiche Menge Kohlenhydrate über den Tag verteilt essen.

Wie immer: Ausgewogenheit ist wichtig

Letztlich ist es wichtig, individuell ausreichend Eiweiße in Form von Milch und Milchprodukten oder magerem Fleisch und Fisch zu verzehren sowie insbesondere reichlich Gemüse und kein Übermaß an Kohlenhydraten zu sich zu nehmen. Und wer an den Festtagen etwas zu viel des Guten genossen hat, kann das getrost jetzt etwas reduzieren.