Gentechnik-Kennzeichnungslücke verhindert Wahlfreiheit
Über die Folgen der Gentechnik für Mensch und Umwelt ist nach wie vor zu wenig bekannt. Langzeitstudien fehlen fast völlig. Während die Befürworter der Gentechnologie bessere Ernten und das Ende des Hungers in der Welt versprechen, befürchten Kritiker Schäden für die menschliche Gesundheit, unkalkulierbare Folgen für die Natur, die Verlagerung der Eigentumsrechte beim Saatgut in die Hände weniger Konzerne und das Ende der Wahlfreiheit für die Verbraucher.
Klar ist: Es gibt keinen zwingenden Grund für den Einsatz von Agrargentechnik. Klar ist auch: In Europa lehnen die Menschen transgene Lebensmittel mehrheitlich ab. Laut Eurobarometer 2010, einer Umfrage im Auftrag der Europäischen Kommission, sprechen sich etwa 60 Prozent der EU-Bürger gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel aus, 70 Prozent halten sie für „vollkommen widernatürlich“. Und dennoch sind die Gesetze zur Kennzeichnung von Gentechnik in unserem Essen ungenügend. Mit der Folge, dass die Verbraucher nicht selbst entscheiden können, ob sie mit ihren Kaufentscheidungen Agrar-Gentechnik unterstützen oder nicht.
Fleisch, Milch und Eier nicht gekennzeichnet
Zwar müssen Lebensmittel, die gentechnisch verändert sind, in der Europäischen Union (EU) seit dem 18. April 2004 gekennzeichnet werden. Für tierische Produkte wie Fleisch, Milch oder Eier, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Futtermittel hergestellt wurden, gilt das jedoch nicht. Das heißt: Selbst wenn eine Kuh ihr ganzes Leben lang „Gen-Soja“ gefressen hat, erfahren Verbraucher beim Kauf von Milch und Fleisch nichts davon. Dabei gehen etwa 80 Prozent aller gentechnisch veränderten Pflanzen als Futtermittel in die Mägen von landwirtschaftlichen Nutztieren.
Wer den Einsatz von Gentechnik beim Einkauf nicht unterstützen möchte, muss zu Bioprodukten greifen. Der Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel ist hier grundsätzlich nicht gestattet. Oder er Produkte zu kaufen, die das freiwillige staatliche „Ohne Gentechnik“-Siegel tragen – doch diese sind im Supermarkt nur vereinzelt zu finden.
foodwatch fordert Wahlfreiheit
Käufer von Milch, Eiern oder Fleisch aus konventioneller Landwirtschaft werden durch diese Kennzeichnungslücke zwangsweise zu Unterstützern einer Technologie gemacht, die viele von ihnen ablehnen. foodwatch fordert: Verbraucher müssen selbst entscheiden können, ob sie mit Hilfe von Gentechnik erzeugte Lebensmittel kaufen wollen oder nicht.
Der Konsens zwischen Gentechnik-Befürwortern und -Gegnern sollte lauten: Die Bürger müssen – dauerhaft und umfassend – echte Wahlfreiheit in Bezug auf den Einsatz gentechnisch veränderter Sorten in Landwirtschaft und Ernährung haben.