Nachricht 20.07.2012

Wütende Verbraucher antworten Nestlé-Chef

Maximal 10 Prozent Zucker in allen Nestlé-Flocken, die für Kinder beworben werden: Bereits mehr als 10.000 Verbraucher unterstützen diese Forderung und beschwerten sich direkt bei dem Lebensmittel-Multi. In einem Antwortschreiben versucht Nestlé-Chef Gerhard Berssenbrügge zu beschwichtigen – doch die Verbraucher lassen dem Konzernchef die Ausreden nicht durchgehen.

In einer E-Mail-Aktion fordert foodwatch Nestlé auf, nur noch solche solche Lebensmittel als Kinderprodukte zu vermarkten, die wirklich kindgerecht sind. Die Forderung an Nestlé-Deutschland-Chef Gerhard Berssenbrügge: Maximal 10 Prozent Zucker in allen Frühstücksflocken, die für Kinder beworben werden!

10.000 Protest-Mails innerhalb einer Woche

Bereits mehr als 10.000 Verbraucher haben sich innerhalb einer Woche bei Nestlé beschwert. Gerhard Berssenbrügge, verantwortlich für das Geschäft in Deutschland, reagierte in einem persönlichen Schreiben auf die Kritik und versuchte zu beschwichtigen. So schrieb er etwa an die Unterzeichner der Protestaktion: "Ich kann Sie beruhigen: Unsere Frühstücks-Cerealien sind keine Süßigkeiten, sondern ein vollwertiger Start in den Tag."

Wütende Reaktionen der Verbraucher

Doch mit dieser bemerkenswerten These steht der Nestlé-Chef allerdings ziemlich alleine da. Die Verbraucher lassen dem Konzernchef die Ausreden nicht durchgehen. Viele waren wütend über die Beschwichtigungen und schrieben ihrerseits erneut an Gerhard Berssenbrügge. Auszüge aus einigen Schreiben der Verbraucher an den Nestlé-Chef, die wir in Kopie erhielten, dokumentieren wir hier:

"Einen minimal auf 25% gesenkten Zuckergehalt als gute Nachricht auszuweisen, ist schon mehr als gesunder Euphemismus. Ein Frühstück mit 30% Zucker ist keine Süßigkeit? Kennen Sie den Zuckergehalt von Milchschokolade oder Keksriegeln? Und 8 Gramm Vollkorngetreide pro Portion (von 30 g, nehme ich an, also gerade einmal gute 25%) machen daraus ein wertvolles Frühstück?"

"Wenn Kinder nicht an süße Lebensmittel gewöhnt werden, haben sie auch kein Bedürfnis danach."

"Leider kann ich Ihre Argumentation nicht nachvollziehen, da auch 25 Gramm pro 100 Gramm (das ist ein Viertel!) aus meiner Sicht ein noch viel zu hoher Anteil sind!"

"Mich hat in ihrem Schreiben verwundert, auf welche Mengenangaben sie sich beziehen. 30 g Cini Minis sind (...) eine unrealistische Mengenangabe. Selbst für Säuglinge ab 6 Monaten wird eine Menge von 20g Getreideflocken im Brei empfohlen (laut Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz). Also wie kann man davon ausgehen, dass 30g Cerialien für ein Schulkind ausreichen sollen? Aber so kann man sich den Zuckerkonsum schön rechnen. (...) Des weiteren gehen sie darauf ein, dass ihre Cerealien schon deswegen keine Süßigkeiten sein können, weil sie ja das gesunde Vollkorngetreide enthalten. Dann ist ja auch ein Cocktail sehr gesund, wenn darin frisch gepresster Orangensaft enthalten ist. Denn das Fruchtfleisch des Saftes ist ja auch eine Ballaststoff-Quelle und außerdem hat Orangensaft auch noch Vitamin C. Sollte ich mir deswegen jeden Tag einen Tequila Sunrise können?! "

"Wieso ist Nestlé stolz darauf den Zuckergehalt auf 30 g pro 100 g gesenkt zu haben. Das heißt nach Adam Riese, dass 30% der 'gesunden Cerialien' aus Zucker bestehen. Das kann nicht gesund sein."

"Als Verbraucherin und werdende Mutter muss ich Ihnen leider sagen, dass ich schon seit längerem keine Produkte der Marke Nestle mehr nutze."

"Wenn ich bedenke, dass so eine Schachtel mit dem Knusperfrühstück 375 Gramm hat, - und das Rezept für eine Portion 30 Gramm angibt, dann ist das nicht realistisch. Ich kenne kein Kind, und schon gar keine Jugendlichen, welche/s ein Frühstück von 30 Gramm dieser Kügelchen zufriedenstellt oder satt macht."

"Nein, Ihr Brief hat mich nicht überzeugt."

"Ihre beschwichtigenden Zeilen kann ich nicht nachvollziehen und bin enttäuscht, dass Sie den Vorschlag von foodwatch nicht annehmen können. (...) Die wirklichen Bedürfnisse vor allem der kleinen Menschen sollten wichtiger sein, als Marketing für Zucker und ein Hauch von Vollkorn."

"Ein marktdominierendes Unternehmen wie das Ihre hat eine erhebliche Verantwortung. Da ist es doch lachhaft, den Zuckergehalt von 30 Gramm auf 25 Gramm zu reduzieren, nicht wahr? Sie sind auf dem falschen Weg, Herr Berssenbrügge!"

foodwatch-"Flockies" machen es vor

Dass es auch anders geht, hat foodwatch bei einem Treffen mit Nestlé am Firmensitz in Frankfurt demonstriert: Deutschland-Chef Gerhard Berssenbrügge bekam ein Musterprodukt überreicht, das – im Gegensatz zu "Cini Mini" und Co. – wirklich kindgerecht und ausgewogen ist. Die foodwatch-"Flockies" sind frei von Zusatzstoffen und Aromen, ohne zugesetzten Zucker und haben insgesamt nur einen Zuckergehalt von weniger als fünf Prozent.