Pressemitteilung 24.06.2016

Presse-Statement: Glyphosat / Entscheidung der EU-Kommission / Vorsorgeprinzip / CETA

Die EU-Staaten haben sich auch im letzten Anlauf nicht auf eine gemeinsame Position über eine Neuzulassung des Totalherbizids Glyphosat einigen können. Die EU-Kommission will nun eigenmächtig eine Zulassungsverlängerung von anderthalb Jahren durchsetzen. Innerhalb dieser Zeit soll die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) ein weiteres Gutachten zu möglichen Gesundheitsgefahren von Glyphosat vorlegen. Dazu erklärte Lena Blanken von der Verbraucherorganisation foodwatch:

„Noch hat die EU die Möglichkeit, die Neuzulassung zu verweigern. Das in den europäischen Verträgen festgeschriebene Vorsorgeprinzip verlangt, bei wissenschaftlicher Unsicherheit über die Gefährlichkeit einer Substanz, diese zu verbieten. Schiebt die EU-Kommission die Glyphosat-Entscheidung weiterhin auf, bis das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA unterschrieben ist, wird ein Verbot kaum mehr möglich sein. Denn der Rückgriff auf das Vorsorgeprinzip würde gegen die Bestimmungen des CETA-Vertrags verstoßen. Unter CETA heißt es dann: Glyphosat bis zum St. Nimmerleinstag.“

Hintergrund

Glyphosat ist das weltweit am häufigsten genutzte Unkrautvernichtungsmittel. In Europa läuft die derzeit geltende Zulassung am 30. Juni 2016 aus. In der Wissenschaft tobt bislang ein Streit über die gesundheitlichen Risiken von Glyphosat. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, ob das Totalherbizid für den Menschen krebserregend ist oder nicht. Nachdem die EU-Staaten sich auch bei der letzten Abstimmung im Beschwerdeausschuss nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnten, ist nun die EU-Kommission am Zug: Sie will ein Gutachten der Europäische Chemikalienagentur (ECHA) zu den möglichen Gesundheitsrisiken von Glyphosat abwarten und befürwortet deshalb eine Zulassungsverlängerung von zunächst anderthalb Jahren.

Das in den europäischen Verträgen festgeschriebene Vorsorgeprinzip bildet eine wesentliche Grundlage für die Gesundheits-, Umwelt- und Verbraucherpolitik in Europa. Dabei gilt die Umkehr der Beweislast. Vor der möglichen Zulassung eines Produkts muss ein Unternehmen dessen Unschädlichkeit wissenschaftlich nachweisen und alle eigenen Studien dazu offenlegen. Mehrere EU-Staaten haben die Zustimmung zu einer Glyphosat-Neuzulassung mit einem deutlichen Verweis auf das Vorsorgeprinzip bislang verweigert. Sowohl das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA als auch das bereits ausgehandelte Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada hebeln laut einem in dieser Woche veröffentlichten internationalen Rechtsgutachten im Auftrag von foodwatch das sogenannte Vorsorgeprinzip aus. Würde CETA in den kommenden Monaten also vorläufig in Kraft treten, wäre ein Glyphosat-Verbot wahrscheinlich nicht mehr möglich oder würde Strafzölle nach sich ziehen.