Die Lobby der Lebensmittelindustrie FoodDrinkEurope will den Nutri-Score als verpflichtende Nährwertkennzeichnung verhindern. foodwatch hat vor ihrer Zentrale in Brüssel mit einer farbenfrohen Protestaktion dagegen protestiert.
FoodDrinkEurope, die größte Lobbygruppe der Lebensmittelindustrie in der EU, setzt sich mit aller Kraft dagegen ein, dass der Nutri-Score in der EU wird. Obwohl zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass der Nutri-Score die verständlichste Form der Nährwertkennzeichnung ist und Verbraucher:innen zu gesünderen Produkten greifen lässt. Wir fordern die Lobbyorganisation auf, Verantwortung für die Gesundheit der Verbraucher:innen zu übernehmen und den Nutri-Score zu unterstützen, anstatt Wiederstand zu leisten.
Die Lebensmittel-Lobby will den Nutri-Score verhindern. Deshalb haben wir beim Industrieverband "Food Drink Europe" in Brüssel protestiert. Unsere Forderung: Stop fighting the Nutri-Score!
Widerstand gegen die Ampel
Bis heute gibt es kein Gesetz, welches die Lebensmittelhersteller in der EU verpflichtet, die Nährstoffzusammensetzung ihrer Erzeugnisse auf der Packungsvorderseite leicht verständlich anzugeben. Das hat die mächtige Lebensmittellobby bislang verhindert. Und das obwohl FoodDrinkEurope in seinem Leitbild behauptet, "eine Politik zu fördern, die es der europäischen Lebensmittel- und Getränkeindustrie ermöglicht, Produkte herzustellen, die (...) zu einem (...) gesünderen Leben beitragen".
In einer aktuellen Antwort an die Europäische Kommission hat sich FoodDrinkEurope für eine ausschließlich freiwillige Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen ausgesprochen. Außerdem werden "portionsbezogene Ansätze" gefordert und nicht farblich gekennzeichnete Etiketten wie das australische „Health Star Rating“ bevorzugt. Diese Forderungen der Lobby stehen im Widerspruch zu den Grundsätzen des Nutri-Scores, da sich dieser durch seine wissenschaftliche Grundlage auszeichnet und durch seine klare Farbcodierung, welche zu einer gesündere Kaufentscheidung verhilft.
Somit fordern auch Wissenschaftlerinnen, medizinische Fachgesellschaften, Ärzt:innen und Verbrauchergruppen schon seit langem eine verpflichtende, farbliche Nährwertkennzeichnung auf europäischer Ebene. Erst Anfang September hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu einer einheitlichen Einführung des Nutri-Scores aufgerufen, um den Verbraucher:innen zu helfen, ihr Risiko für ernährungsbedingte Krankheiten, einschließlich Krebs, zu senken.
Die Lebensmittelindustrie hat viel zu lange wirksame politische Maßnahmen für eine gesunde Ernährung verhindert. Wenn FoodDrinkEurope wirklich zu einem gesünderen Leben beitragen will, wie es im Leitbild behauptet wird, dann muss der Verband Farbe bekennen und den Nutri-Score unterstützen!foodwatch Deutschland
Die Aktivitäten von FoodDrinkEurope gegen eine verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnung reichen bis in die 2000er Jahre zurück, als der Industrieverband (damals CIAA genannt) gegen verpflichtende Nährwertangaben kämpfte und Unternehmen bis zu einer Milliarde Euro in den Kampf gegen eine Ampelkennzeichnung auf europäischer Ebene investierten. Im Jahr 2010 scheiterte eine Abstimmung über die Einführung einer verpflichtenden Ampelkennzeichnung im Europäischen Parlament aufgrund des immensen Lobbydrucks.
Nutri-Score in ganz Europa
Die Regierungen von Deutschland, Frankreich, Belgien, Spanien, Luxemburg und den Niederlanden haben den Nutri-Score in ihren Supermärkten schon eingeführt. Da eine gesetzliche Verpflichtung allein auf nationaler Ebene nach europäischem Recht jedoch nicht möglich ist, bleibt die Kennzeichnung vorerst freiwillig. Die Europäische Kommission beabsichtigt, bis Ende 2022 eine verbindliche, harmonisierte Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen vorzuschlagen. In einer Abstimmung über den Farm to Fork-Bericht haben sich die AGRI- und ENVI-Ausschüsse des Europäischen Parlaments eindeutig für eine verpflichtende, harmonisierte Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung ausgesprochen.
Für foodwatch steht fest: Die EU-Kommission muss beweisen, dass sie den Kampf gegen Fehlernährung ernst nimmt und den Nutri-Score verpflichtend in ganz Europa einführen!