Nach der Kritik von foodwatch stoppt Rewe die Bewerbung seiner Eigenmarken als klimaneutral.
Der Handelskonzern Rewe hat angekündigt, Produkte seiner Eigenmarken zukünftig nicht mehr mit umstrittenen Klimaversprechen zu bewerben. Um den Werbe-Claim "klimaneutral" nutzen zu können, hatte Rewe die bei der Produktion der Lebensmittel anfallenden Treibhausgas-Emissionen mit Zertifikaten aus Klimaprojekten ausgeglichen. Diese vermeintlichen Klimaschutzprojekte, unter anderem in Uruguay und Peru, wiesen jedoch eklatante Mängel auf. Rewe kündigte nun an, nach Abverkauf der Waren der Marken "Bio + vegan" und "Wilhelm Brandenburg" gänzlich auf die Klimawerbung zu verzichten.
Gut, dass Rewe nun gehandelt hat. Aber viele Hersteller werben weiterhin mit irreführender Klimawerbung. Wir brauchen endlich Gesetze gegen Greenwashing!Recherche und Kampagnen
foodwatch kritisiert die Bewerbung von Lebensmitteln als „klimaneutral“ grundsätzlich als irreführend. Viele Hersteller reduzieren ihren eigenen Treibhausgas-Ausstoß gar nicht ernsthaft, sondern rechnen ihre Produkte mit Hilfe von Kompensationsprojekten im globalen Süden klimafreundlich. Dies ist ein moderner „Ablasshandel“, die bei der Produktion entstehenden Emissionen können dadurch nicht rückgängig gemacht werden. Der Nutzen der angeblichen Klimaschutzprojekte ist fraglich: Laut einer Studie des Öko-Instituts halten nur zwei Prozent der Projekte ihre versprochene Klimaschutzwirkung ein.
Glyphosat statt Klimaschutz
Der Fall Rewe zeigt die Schwachstellen exemplarisch: Rewe hatte die Produkte seiner Eigenmarke „Bio + vegan“ zuletzt mit Zertifikaten aus dem Wald-Projekt Guanaré in Uruguay kompensiert. In dem Projekt werden in industrieller Forstwirtschaft Eukalyptus-Monokulturen angebaut. Dabei wird Glyphosat gespritzt und es ist zudem fraglich, ob durch das Projekt tatsächlich zusätzliches CO2 gebunden wird, wie Recherchen von ZDF Frontal ergaben. Nachdem foodwatch Rewe Ende Juni auf die Schwachstellen des Guanaré-Projekts hingewiesen hatte, kündigte der Konzern an, „eine rückwirkende CO2-Kompensation für REWE Bio + vegan durch den zusätzlichen Kauf von Zertifikaten aus dem Windenergie-Projekt Ovalle in Chile sicherzustellen“. Der Discounter Aldi nutzt ebenfalls Zertifikate des Guanaré-Projekts, um die Milch seiner Eigenmarke „Fair & Gut“ klimaneutral zu rechnen.
Nach einer Abmahnung durch foodwatch hatte Rewe bereits im Februar die Zusammenarbeit mit einem umstrittenen Wald-Projekt in Peru gestoppt. Das Unternehmen hatte Zertifikate des Tambopata-Projekts genutzt, um Geflügelprodukte der Eigenmarke „Wilhelm Brandenburg“ als klimaneutral zu bewerben.
foodwatch fordert strengere Regeln für Klimawerbung
foodwatch spricht sich für eine klare Regulierung nachhaltiger Werbeversprechen aus. Die Bedingungen, unter denen Unternehmen mit dem Begriff „klimaneutral“ werben dürfen, sind bisher nicht näher definiert. Die Europäische Kommission hat einen Richtlinienentwurf vorgelegt, um Greenwashing einzuschränken. Diese Richtlinie würde einige Praktiken verbieten und mehr Transparenz vorschreiben. Allerdings blieben weiterhin große Schlupflöcher, weil irreführende Begriffe wie „klimaneutral“ nicht grundsätzlich verboten werden und Siegel ohne ernsthaften Umweltnutzen erlaubt bleiben.
Quellen und weiterführende Informationen:
- foodwatch-Mailverkehr mit Rewe zum Stopp der Klimawerbung
- foodwatch-Recherche zum Kompensationsprojekt in Guanaré, Uruguay (Aufforstung)
- Bericht von ZDF-Frontal über die Klimaversprechen von Aldi und das Kompensationsprojekt in Uruguay
- Studie des Öko-Instituts zum fraglichen Nutzen von Klimaschutzprojekten „How additional is the Clean Development Mechanism?“
- foodwatch-Recherche zum Kompensationsprojekt in Tambopata, Peru (Waldschutz)