Nachricht 16.01.2015

Energy Drinks sollen weiter an Kinder verkauft werden

Gefährliche Energy Drinks sollen nach Auffassung von Bundesernährungsminister Christian Schmidt weiterhin an Kinder verkauft werden dürfen. Es gebe „vorerst keine Gründe für ein Abgabeverbot“ an Kinder, sagte der Minister heute auf bild.de. Dabei warnen Gesundheitsexperten seit langem vor den Risiken von Red Bull & Co.

Energy Drinks sollen weiterhin an Kinder verkauft werden: Mit dieser Position ignoriert Bundesernährungsminister Christian Schmidt nach Auffassung von foodwatch die nach geltendem Lebensmittelrecht gebotene Handlungspflicht. Weltweit warnen Gesundheitsexperten vor den Risiken der Wachmacher insbesondere für Kinder. Die besonders hoch konzentrierten „Energy Shots“ bewertet das staatliche Bundesinstitut für Risikobewertung als „nicht sicher“. Dennoch hat Minister Christian Schmidt in einem heute veröffentlichten Interview mit der Onlineausgabe der Bild-Zeitung effektive Regulierungsmaßnahmen abgelehnt – das steht im Widerspruch zu dem im europäischen und deutschen Lebensmittelrecht verankerten Gebot des vorsorgenden Gesundheitsschutzes.

„Keine Gründe“ für eine Altersbeschränkung?

Es gebe „vorerst keine Gründe für ein Abgabeverbot“ an Kinder, sagte Herr Schmidt. Zur Begründung verweist er auf den seit Dezember EU-weit auf Energy Drinks vorgeschriebenen Warnhinweis: „Erhöhter Koffeingehalt. Für Kinder und Schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen“. Eine kleine Warnung auf der Rückseite, die zudem an der wissenschaftlichen Einschätzung vorbei geht: Denn nicht den erhöhten Koffeingehalt allein sehen Experten kritisch, sondern mögliche Wechselwirkungen mit Alkohol sowie der Konsum im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten.

Ernährungsminister ignoriert Expertenwarnungen

foodwatch kritisiert das Amtsverständnis des Ministers, der sich offenbar nicht um das Lebensmittelrecht schert, Expertenwarnungen ignoriert und Kinder unnötigen Risiken aussetzt. foodwatch fordert, dass das Vorsorgegebot des Lebensmittelrechts durchgesetzt wird: Energy Drinks sollten erst ab 18 abgegeben werden. Und wenn die Fachleute des Ministers die hoch konzentrierten Energy Shots als nicht sicher einstufen, gibt es nur einen Schluss: Herr Schmidt muss sie vom Markt nehmen. Verdruckste Warnhinweise im Kleingedruckten sind jedenfalls kein geeignetes Mittel, denn vor allem Kinder werden sich davon kaum beeindrucken lassen.


Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Nierenversagen

Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten erst im Oktober 2014 eine Studie zu den Gesundheitsrisiken veröffentlicht und ein Verkaufsverbot an Kinder und Jugendliche ausdrücklich empfohlen. Energy Drinks werden mit Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen, Nierenversagen und sogar Todesfällen in Verbindung gebracht. Dies gilt insbesondere für die kleinen, erheblich konzentrierteren „Energy Shots“. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das dem Schmidt-Ministerium unterstellt ist, stuft Energy Shots seit langem als „nicht sicher“ ein. Mit dieser Einschätzung dürften Energy Shots eigentlich überhaupt nicht mehr verkauft werden. Bereits 2009 sprach sich das BfR folgerichtig für einen Vermarktungsstopp aus.

Fast 70 Prozent der Teenager greifen zu Energy Drinks

Das deutsche Lebensmittelrecht gebietet es, „den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine oder Abwehr einer Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen“ (LFGB, § 1 (1)). Vorsorgliche Maßnahmen gebietet auch das übergeordnete europäische Lebensmittelrecht. Ende 2014 hatte Litauen als weltweit erstes Land ein Abgabeverbot von Energydrinks an Kinder und Jugendliche in Kraft gesetzt.

Einer Studie der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) zufolge konsumiert fast jeder dritte Erwachsene Energydrinks. Durch den süßen Geschmack und das gezielte Marketing sind die Produkte – anders als etwa der ebenfalls stark koffeinhaltige Kaffee – gerade bei Kindern und Jugendlichen beliebt: 68 Prozent der Teenager greifen zu den Getränken. Davon sind laut EFSA 12 Prozent „high cronic consumers“ (Konsum mindestens viermal wöchentlich) sowie 12 Prozent „high acute consumers“ (mehr als ein Liter pro Konsum).