Dioxin-Grenzwerte nach Belastung festgelegt
Bei der Festlegung von Dioxin-Grenzwerten für Lebensmittel geht es nicht nur darum, wie viel Dioxin der Mensch maximal aufnehmen sollte. Berücksichtigt wird auch, wie viel Dioxin ein Lebensmittel durchschnittlich enthält. Das bedeutet: Ist zum Beispiel Aal in der Regel stark mit Dioxinen belastet, werden die Grenzwerte einfach daran angepasst und lockerer angesetzt.
Dioxine und dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (dioxinlike PCB = dl-PCB) sind giftig. Sie stehen im Verdacht, krebsauslösend zu sein, das Immunsystem zu schädigen und reproduktionsschädigend zu wirken. Nachdem die Europäische Union (EU) im Juli 2002 Grenzwerte für den Gehalt an Dioxinen in Lebensmitteln erlassen hatte, folgten im Jahr 2006 mit der Verordnung Nummer 199/2006 Grenzwerte für die dioxinähnlichen PCB. Diese Grenzwerte sind jedoch nicht einheitlich. Verschiedene tierische Lebensmittel dürfen unterschiedlich stark mit den giftigen Substanzen belastet sein. Es werden sowohl die relativen durchschnittlichen Verzehrsmengen eines bestimmten Produkts als auch seine tatsächliche durchschnittliche Dioxinbelastung berücksichtigt. Dabei sind nicht nur gesundheitliche Aspekte ausschlaggebend, sondern auch wirtschaftliche.
Empfohlene maximale tägliche Aufnahme
Nach einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO soll ein Mensch pro Tag nicht mehr als ein bis vier Pikogramm Dioxine je Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Ein Pikogramm ist ein Billionstel Gramm. Für einen 70 Kilogramm schweren Menschen bedeutet dies eine maximale tägliche Aufnahme von 280 Pikogramm.
Die EU strebt an, ihren Bürgern täglich nicht mehr als ein Pikogramm je Kilogramm Körpergewicht beziehungsweise eine Gesamtaufnahme von 70 Pikogramm zuzumuten. Noch liegt die durchschnittliche Dioxinaufnahme in der EU aber deutlich höher: Ein bis zwei Pikogramm werden pro Kilogramm Körpergewicht und Tag durchschnittlich aufgenommen.
Festlegung der Grenzwerte
Die spezifischen Grenzwerte für die Dioxinbelastung von bestimmten Lebensmitteln legt die EU fest. Inwiefern hierbei pragmatische und auch ökonomische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, zeigt das Beispiel des Aals: Für den fettreichen Aal lässt die EU einen höheren Grenzwert gelten als als für andere Fische. Er darf zwölf Pikogramm Dioxine und dioxinähnliche PCB pro Gramm enthalten. Läge der Grenzwert niedriger, könnte Aal kaum noch verkauft werden, weil er weniger belastet so gut wie nicht auf dem Markt verfügbar ist. Aus dem gleichen Grund gelten auch für die fettreichen Lebern von Landtieren wie Kälbern und Schweinen hohe Grenzwerte. Sie dürfen zwölf Pikogramm Dioxine und dioxinähnliche PCB pro Gramm Fett enthalten, Schweinefleisch hingegen nur 1,5 Pikogramm.
foodwatch fordert vorsorgenden Gesundheitsschutz
Das Problem: Ein niedriger Pro-Kopf-Verbrauch - also eine geringe durchschnittliche Verzehrsmenge eines Produkts - soll zwar höhere Grenzwerte rechtfertigen, berücksichtigt aber nicht das tatsächliche Ernährungsverhalten jedes einzelnen Verbrauchers. Personen, die besonders gerne und häufig bestimmte Produkte wie Lachs, Makrele, Aal oder Dorschleber verzehren, sind durch die existierenden Höchstmengen nicht ausreichend geschützt.
foodwatch fordert deshalb: Die Grenzwerte für Dioxine und dl-PCB müssen nach dem Prinzip des vorsorgenden Gesundheitsschutzes festgelegt werden. Bisher sind die Grenzwerte für Dioxine in Lebensmitteln insgesamt zu hoch angesetzt. Die Dioxinbelastung der Bevölkerung in der EU ist generell zu hoch. Bei besonders stark belasteten Produkten dürfen nicht etwa die Grenzwerte nach oben korrigiert werden, sondern die Produkte müssen vom Markt genommen werden. Zudem müssen die Grenzwerte so gestaltet werden, dass auch Menschen, die belastete Produkte besonders häufig verzehren, vor einer zu hohen Aufnahme geschützt sind.