Artikel 17.06.2025

Kollagen-Hype: Wie Beauty-Lebensmittel mit unzulässigen Gesundheitsversprechen werben

Ob als Porridge, Drink oder Gummibärchen – Kollagenprodukte boomen. Sie sollen für glatte Haut, kräftige Nägel, glänzendes Haar oder gesunde Gelenke sorgen. Doch diese Wirkung ist wissenschaftlich kaum belegt – und viele der Werbeversprechen verstoßen gegen geltendes EU-Recht. Denn gesundheitsbezogene Aussagen zu Kollagen sind nicht zugelassen. Trotzdem setzen Hersteller auf geschickt formulierte Marketingbotschaften, die bei Konsument:innen falsche Erwartungen wecken.  

Verbotene Versprechen – aber clever verpackt 

Produkte wie die „NÖM Collagen Shots“ bewerben sich als Alleskönner für Haut, Haare und Gelenke. Die Aufschrift suggeriert: Dieses Produkt macht schön und gesund – wissenschaftlich belegt ist das jedoch nicht. Im Gegenteil: Die Europäische Kommission hat nach Prüfung durch die EFSA alle Health-Claims zu Kollagen abgelehnt. Aussagen zur Reduktion von Falten oder zur Verbesserung der Gelenkfunktion sind nicht zulässig, weil verlässliche wissenschaftliche Belege fehlen. 

Hersteller umgehen dieses Verbot, indem sie ihre Kollagenprodukte mit Vitaminen und Mineralstoffen anreichern – etwa Vitamin C, Zink oder Biotin. Für diese Nährstoffe sind zugelassene Health-Claims erlaubt, zum Beispiel die Aussage „[...] trägt zur normalen Funktion der Haut bei“. Doch: Diese Formulierungen sagen nichts über eine Verbesserung des Hautbilds aus. Die Wirkung des Kollagens bleibt unbelegt – das Gesundheitsversprechen erfolgt also durch die Hintertür. Neben dem geschickten Einsatz erlaubter Health Claims nutzen Hersteller Begriffe wie „innere Schönheit“, „Glow to Go“ oder Bilder von faltenfreier Haut in der Bewerbung der Produkte, die gesundheitsbezogene Wirkungen suggerieren, ohne diese konkret zu benennen. 

Kollagen-Produkte

Bildergalerie 06.12.2023

Studien: klein, schwach, industrienah 

Die Werbebotschaften rund um Kollagen schmücken sich häufig mit wissenschaftlichen Aussagen. Viele der aufgezählten Studien sind jedoch mit geringer Probandenzahl durchgeführt und von Supplementherstellern finanziert worden, was die Ergebnisse verzerren kann. Außerdem sind die Ergebnisse oft schwer miteinander vergleichbar, weil es bisher keine einheitlichen Methoden gibt, um die Effekte auf die Hautgesundheit zu messen. 

Einige Studien zeigen eine geringe Verbesserung der Feuchtigkeit, Elastizität und Ebenheit der Haut. Aber: Messbare Ergebnisse bedeuten nicht unbedingt, dass auch mit dem bloßen Auge ein Effekt zu erkennen ist.   

Einige Kollagenprodukte versprechen stärkere Nägel und kräftigere Haare durch Kollagen. Tatsächlich gibt es gerade einmal eine einzige kleine Studie, die die Effekte einer Kollageneinnahme auf die Nägelbrüchigkeit bei 25 Teilnehmerinnen untersucht hat – ohne dabei aber die Ergebnisse mit einer Placebo-Kontrollgruppe zu vergleichen. 

Bei Gelenkbeschwerden wie Arthrose ist die Studienlage ebenso schwach und inkonsistent. 

Die Fakten: Der Körper macht sein Kollagen selbst 

Kollagen ist ein körpereigenes Strukturprotein. Unser Körper stellt es aus Aminosäuren wie Glycin, Prolin und Lysin selbst her – vorausgesetzt, wir ernähren uns ausgewogen. Kollagenpräparate stammen meist aus tierischen Abfällen (z. B. Schweineschwarte, Rinderhaut). Sie werden als hydrolysierte Peptide eingenommen und im Darm wieder in Aminosäuren zerlegt. Ob der Körper diese dann tatsächlich wieder zu Kollagen zusammenfügt – und wo –, ist wissenschaftlich ungeklärt. 

Auch sogenannte vegane „Kollagen-Booster“ enthalten kein echtes Kollagen, sondern lediglich Nährstoffe, die die körpereigene Kollagenbildung fördern könnten. Der Begriff „veganes Kollagen“ im Produktnamen ist hier irreführend und dient lediglich dem Marketing.  

Was wirklich hilft 

Proteine, Vitamin D, Vitamin C, Vitamin B12, Calcium und Zink unterstützen die körpereigene Kollagenproduktion – und stecken in vielen Lebensmitteln. Wer sich ausgewogen ernährt, braucht keine teuren Pulver oder Drinks. Eine gesunde Haut und starke Gelenke kann man durch einfache Gewohnheiten unterstützen: eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung, ausreichend Schlaf, Sonnenschutz und der Verzicht auf Alkohol und Rauchen. In Kombination mit ausreichend Bewegung und Krafttraining stärkt und erhält das auch die Knochen und Gelenke, ganz ohne künstlich angereicherte Lifestyle-Produkte zu Luxuspreisen.   

foodwatch fordert: 

  1. Strikte Durchsetzung der Health-Claims-Verordnung durch die Behörden. 
  2. Unmissverständliche Kennzeichnungspflichten für Marketingclaims mit Verweis auf die zugelassenen Wirkstoffe. 
  3. Verbot irreführender Gestaltungselemente, die nicht zugelassene Aussagen visuell suggerieren. 

Fazit 

Der Kollagen-Hype basiert nicht auf belastbaren Studien, sondern auf cleverem Marketing. Die Health-Claims-Verordnung wird systematisch umgangen, Konsument:innen werden getäuscht – und zahlen viel Geld für die vermeintliche Schönheitswirkung. Zwar ist Kollagen ein wichtiges Strukturprotein unserer Haut und Knorpel, doch unser Körper stellt es selbst her – eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung reicht aus, um die Kollagenproduktion zu unterstützen.   


Quellen und weiterführende Informationen