Presseaussendung 25.11.2022

foodwatch fordert Verbot irreführender Klima-Werbung

Neue foodwatch-Recherche zeigt: Viele Klimasiegel-Anbieter machen Lebensmittelherstellern keine konkreten verbindlichen Vorgaben zur CO2-Reduktion

Wien/Berlin, 24.11.2022 - Die Konsument*innenschutzorganisation foodwatch spricht sich für ein Verbot irreführender Klima-Werbung auf Lebensmitteln aus. Begriffe wie „CO2-neutral“ oder „klimapositiv“ sagen oft nichts darüber aus, wie klimafreundlich ein Produkt tatsächlich ist. Eine aktuelle Recherche von foodwatch zeigt: Um ein Lebensmittel mit Klima-Claims zu vermarkten, müssen die Hersteller oft nicht einmal ihren Treibhausgasausstoß reduzieren. Keiner der untersuchten Siegelanbieter wie Climate Partner oder Myclimate macht dazu konkrete verbindliche Vorgaben. Stattdessen können sich selbst Hersteller unökologischer Produkte mit dem Kauf von CO2-Gutschriften teils fragwürdiger Klimaprojekte ganz einfach klimafreundlich rechnen, kritisiert foodwatch.

„Hinter dem Klimaneutral-Label steckt ein Riesenbusiness, von dem viele profitieren – nur der Klimaschutz bleit oft auf der Strecke. Selbst Hersteller von Rindfleischgerichten können sich als Klimaschützer inszenieren. Labelanbieter wie Climate Partner kassieren bei der Vermittlung der CO2-Gutschriften richtig ab“, sagte Lisa Kernegger, Leiterin von foodwatch Österreich. Die Organisation fordert die Österreichische Bundesregierung auf, sich in Brüssel für ein Verbot irreführender Umweltwerbung einzusetzen. Die EU-Kommission will Ende November einen Entwurf für eine „Green Claims“-Verordnung vorlegen. Zudem wird aktuell auf EU-Ebene über eine Verbraucher-Richtlinie diskutiert – darin könnten „grüne“ Werbeversprechen strenger reguliert werden.

In einem neuen Report hat foodwatch analysiert, wie das System hinter der Klimawerbung funktioniert: Um Produkte als klimaneutral zu labeln, kaufen die Hersteller über Siegel-Anbieter CO2-Gutschriften aus vermeintlichen Klimaschutzprojekten. Damit sollen die bei der Produktion anfallenden Treibhausgas-Emissionen ausgeglichen werden. Offiziell haben sich die Anbieter zwar das Prinzip auf die Fahnen geschrieben: „Zuerst Emissionen vermeiden, dann reduzieren und zuletzt kompensieren“. In der Realität machen sie den Lebensmittelherstellern jedoch keinerlei verpflichtende Vorgaben, ihren CO2-Ausstoß auch wirklich zu reduzieren. foodwatch ortet folgenden Grund dafür: Die Siegel-Vergeber verdienen an jeder verkauften Gutschrift und nehmen dadurch Millionen-Beträge ein.

Darüber hinaus ist der Nutzen der angeblichen Klimaschutzprojekte oft fraglich: foodwatch-Recherchen zu Projekten in Peru und Uruguay belegen, dass selbst zertifizierte Projekte eklatante Mängel aufweisen.

„Das Geschäft mit der Klimawerbung ist moderner Ablasshandel. Anstatt Geld für Klimasiegel auszugeben, sollten die Hersteller lieber in wirksame Klimaschutzmaßnahmen entlang der eigenen Lieferkette und in der Produktion investieren“, sagte Lisa Kernegger von foodwatch Österreich.

foodwatch illustriert exemplarisch an zwei Beispielen, wie irreführend mit Klimalabels auf dem österreichischen Markt geworben wird:

  • Hipp vermarktet Babybrei mit Rindfleisch als “klimapositiv”, obwohl Rindfleisch besonders hohe Emissionen verursacht.
  • Gustavo Gusto schmückt sich auf seiner Website mit dem Titel „erster klimaneutraler Tiefkühlpizzahersteller Deutschlands“, auch wenn die Pizzen mit Salami und Käse klimaintensive tierische Zutaten enthalten.

foodwatch spricht sich für eine klare Regulierung „grüner“ Werbeversprechen aus. Aktuell diskutieren das Europäische Parlament über einen Vorschlag für eine Richtlinie „zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel“ („Dossier Empowering Consumers“). Die Richtlinie würde die Chance bieten, irreführende Werbeaussagen wie „klimaneutral“ zu verbieten. Am 30. November wird darüber hinaus ein Entwurf für eine „Green-Claims-Verordnung“ von der Europäischen Kommission erwartet. Diese soll regeln, dass grüne Behauptungen durch standardisierte Ökobilanzen belegt werden müssen. Zumindest könnte so Umweltwerbung auf unökologischen Produkten verboten werden, so foodwatch.