Artikel 06.09.2022

September 2022 - KnabberNossi & Jolly ködern mit Schulstart-Packung

foodwatch/Ronald Talasz

Pünktlich zum Schulbeginn kämpfen Lebensmittelhersteller verstärkt um die Aufmerksamkeit von Eltern und Kindern. Unser Werbeschmäh des Monats September geht an die besonders dreiste gemeinsame Schulstart-Aktion von KnabberNossi und Jolly. Der Wurst-Snack mit einem sehr hohen Fett- und Salzgehalt verkauft sich als kinder- und elternfreundlicher Snack. Auf der Verpackung werden Eltern und Kinder gleich mit mehreren Werbemaßnahmen geködert: mit der bunten Verpackung samt Comic, einem Geschenk und einem Gewinnspiel. foodwatch fordert strengere Regeln, die Kindermarketing bei ungesunden Lebensmitteln verbieten.

Werbefallen für Groß und Klein

KnabberNossi ködert Eltern im Supermarkt mit gratis Schulzubehör und einem Jolly-Gewinnspiel mit einem Warenwert von bis zu 120 €. Das lockt Familien mit einer finanziellen Entlastung bei der teuren Anschaffung von Schulzubehör. Die Buntstift-Beigabe ist gemeinsam mit einem Comic farbenfroh auf der Verpackung abgebildet. So kann die Verpackung auch die Aufmerksamkeit von Kindern auf sich ziehen, die noch nicht lesen können. Bei den gratis Schuletiketten in jeder Packung geht das Marketing weiter. Damit machen KnabberNossi und Jolly die Schulhefte kurzerhand zu Werbetafeln für den ungesunden Wurstsnack.

foodwatch

KnabberNossi verteidigt Werbe-Maßnahmen

Auf Nachfrage des ORF für die Sendung „konkret“ zeigt Maresi, der Hersteller von KnabberNossi, keine Einsicht. Stattdessen erklärt das Unternehmen seine geschichtsträchtige Strategie rund um Kindermarketing. In dem Statement, das uns vom ORF zur Verfügung gestellt wurde, schreibt Maresi:

Erst nach und nach hat sich herausgestellt, dass die Portionsgröße für Kinder (bevor sie als Jugendliche ganz viel essen) bestens geeignet ist und eine seitens der Eltern willkommene Alternative zu süßen Snacks bildet. Seit den 1990er Jahren ist das Sortiment dem Geschmack der Kinder angepasst und auch die Werbelinie adaptiert.

Etwa 30 Jahre Kindermarketing sieht das österreichische Unternehmen scheinbar gar nicht problematisch. Stattdessen stellt Maresi KnabberNossi als kinder- und elternfreundlich dar:

Dementsprechend gibt es traditionellerweise (die Aktivitäten gibt es bereits seit den 1990er Jahren, in denen der XXL Beutel eingeführt wurde) eine Promotion zum Schulstart. Als Dankeschön an die Eltern und Kids packen wir zur den Knabber Nossis gratis sinnvolle kleine Geschenke bei.

Aus unserer Sicht sind ein einzelner, mit Jolly-Werbung bedruckter Buntstift und Schuletiketten voller Werbeabbildungen kein „Dankeschön“ oder ein „sinnvolles Geschenk“. Stattdessen werden damit Kinder als gratis Markenbotschafter*innen benutzt.

foodwatch/Ronald Talasz

Kinderwerbung besonders bei ungesunden Snacks

Mit einem Blick auf die Inhaltsstoffe zeigt sich: Die bunt verpackten Würstchen von KnabberNossi sollten nicht an Kinder beworben werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Grenzwerte für Lebensmittel festgelegt, die an Kinder beworben werden dürfen. Der Salz- und Fettgehalt bei KnabberNossi sind mehr als doppelt so hoch, wie die WHO-Empfehlungen für verarbeitete Fleischprodukte vorgeben. Auch Zusatzstoffe stehen in der Zutatenliste. Eine gesunde Schuljause? Sicher nicht! Trotzdem gestalten gerade Hersteller von Süßigkeiten und salzigen Snacks ihre Produkte für Kinder anziehend. Auf diese Produkte gibt es meist hohe Gewinnmargen.  

Paradebeispiele für Kindermarketing

Lebensmittelhersteller kennen viele Marketing-Tricks, um Kinder zu ködern. Die Markenbindung erfolgt schon in jungen Jahren. Und der Geschmack wird in der Kindheit geprägt. Kinder wollen die beworbenen Produkte dann im Supermarkt unbedingt haben. Die Lebensmittelindustrie macht es Eltern unnötig schwer, sich für eine gesunde Schuljause für ihr Kind zu entscheiden.

Kindermarketing-Methoden, die Hersteller häufig verwenden:

  • auffällige Verpackungen mit lustigen Figuren oder Marken-Maskottchen
  • die kindliche Darstellung von Produkten, z.B. mit Gesichtern
  • speziell geformte Lebensmittel, z.B. Kekse in Tierform
  • Aktionen für Kinder, z.B. Gewinnspiele oder Geschenke in der Verpackung
  • Internet- und Werbeauftritt richten sich an Kinder, z.B. über Online-Clubs, Online-Spiele, oder Apps zum Download

Fehlende verbindliche Regelungen für Kindermarketing

Die WHO hat 2015 ein Nährwertprofil aufgestellt, das einen Rahmen dafür gibt, welche Lebensmittel an Kinder beworben werden dürfen und welche nicht. Sie legt klare Grenzwerte für den Energiegehalt, für Fett, Salz und Zucker fest.

In Österreich gibt es seit Juni 2021 ein ganz ähnliches Nährwertprofil. Das Problem: Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung für Hersteller oder Werbetreibende, sich daran zu halten.

foodwatch fordert deshalb ein umfassendes Verbot von Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel übe alle Kanäle egal ob auf der Verpackung, übers Fernsehen, Internet oder Social Media.

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