Der Nutri-Score hat ein klares Ziel: Konsument:innen beim Einkauf auf einen Blick zu zeigen, welche Lebensmittel innerhalb einer Produktgruppe nährwerttechnisch besser zusammengesetzt sind. Und genau das kann er auch – einfach, verständlich und alltagstauglich. Dennoch kursieren zahlreiche Mythen rund um das Label. Wir räumen auf – und zeigen, warum der Nutri-Score auch in Zukunft ein wichtiger Schritt für eine gesündere Ernährung ist.
Mythos 1: Ein „A“ bedeutet, das Produkt ist gesund
Fakt: Der Nutri-Score ist kein Gesundheitssiegel, sondern ein Vergleichswerkzeug innerhalb einer Produktgruppe. Er hilft Konsument:innen, beispielsweise beim Griff ins Müsliregal, die bessere Wahl zu treffen. Ein „A“ bei Frühstücksflocken heißt also nicht automatisch „gesund“, sondern „besser als andere vergleichbare Produkte“. Gerade in Kategorien, in denen es viele stark verarbeitete Optionen gibt, bietet der Nutri-Score wertvolle Orientierung.
Mythos 2: Nur verarbeitete Produkte werden bewertet – und das verzerrt das Bild
Fakt: Genau darin liegt der Sinn. Der Nutri-Score wurde entwickelt, um bei verarbeiteten Lebensmitteln mehr Transparenz zu schaffen – dort, wo sie am nötigsten ist. Wer zu frischem Obst oder Gemüse greift, braucht keine Ampel – aber beim Griff zu Joghurt, Tiefkühlpizza oder Snackriegeln schafft die Kennzeichnung Klarheit.
Mythos 3: Vitamine, Mineralstoffe oder Omega-3 werden gar nicht berücksichtigt
Fakt: Der Nutri-Score konzentriert sich bewusst auf wenige, besonders relevante Nährwerte wie Zucker, Salz, gesättigte Fettsäuren und Energie, die negativ bewertet werden, sowie auf Ballaststoffe und pflanzliche Inhaltsstoffe, die positiv bewertet werden. Damit berücksichtigt er genau jene Komponenten, die in unserer Ernährung häufig im Ungleichgewicht sind. Natürlich ersetzt er keine vollständige Nährwerttabelle, aber er bietet eine schnelle Orientierung – und das ist sein erklärter Zweck.
Mythos 4: Light-Produkte schneiden immer besser ab als natürliche Alternativen
Fakt: Das war früher teilweise der Fall – inzwischen wurde der Algorithmus deutlich verbessert. Produkte mit Süßstoffen, insbesondere Getränke, werden nun kritischer bewertet. Wasser bleibt das einzige Getränk mit einem klaren „A“. Der Nutri-Score entwickelt sich laufend weiter, um faire Vergleiche zu gewährleisten.
Wichtig: Aktuell gilt jedoch noch eine Übergangsfrist bis zum 1.1.2026. Bis dahin dürfen Produkte weiterhin auf Basis der alten Berechnungsgrundlage gekennzeichnet werden – daher sind derzeit noch viele Getränke mit Süßstoffen im Umlauf, die einen günstigeren Nutri-Score ausweisen, als sie nach dem neuen System bekommen würden. Ab 2026 sind dann ausschließlich die neuen, strengeren Kriterien zulässig.
Mythos 5: Hersteller tricksen mit Rezeptur-Tuning
Fakt: Ja, kleine Rezepturänderungen können sich positiv auf den Score auswirken – und genau das ist politisch gewollt. Der Nutri-Score motiviert Hersteller, Zucker, Salz oder Fett zu reduzieren. Solange solche Veränderungen tatsächlich zu besseren Produkten führen, ist das ein Gewinn für alle. Der Algorithmus für die Berechnung des Nutri-Scores wird regelmäßig angepasst, um Missbrauch zu erschweren.
Mythos 6: Milchprodukte werden bevorzugt behandelt
Fakt: Milch und pflanzliche Alternativen werden nach denselben Kriterien bewertet. Entscheidend ist die Zusammensetzung: Ein ungesüßter Sojadrink mit hohem Eiweißgehalt kann ebenso gut oder besser abschneiden als fettarme Kuhmilch. Es gibt keine Sonderbehandlung, sondern eine faire Bewertung aller Produkte innerhalb ihrer Gruppe.
Mythos 7: Kakao mit Zucker bekommt eine gute Bewertung wegen der Milch
Fakt: Produkte wie Kakaodrinks bestehen häufig größtenteils aus fettarmer Milch – was sich positiv auf die Bewertung auswirkt. Gleichzeitig wird der enthaltene Zucker aber negativ angerechnet. Das Ergebnis ist ein ausgewogener Score, der die gesamte Rezeptur berücksichtigt – und nicht einzelne Zutaten isoliert.
Mythos 8: Hersteller berechnen den Score selbst – ohne Kontrolle
Fakt: In Deutschland (und bald EU-weit) unterliegt die Nutzung des Nutri-Scores klaren Regeln. Hersteller sind zur korrekten Berechnung verpflichtet, und die Verwendung wird staatlich überwacht – etwa in Deutschland durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Klar ist aber auch: Eine verpflichtende, einheitliche Kennzeichnung würde die Kontrolle noch weiter verbessern.
Fazit: Der Nutri-Score ist kein Allheilmittel – aber ein wichtiger Fortschritt
Wer schnelle Orientierung im Supermarkt sucht, bekommt mit dem Nutri-Score ein wissenschaftlich fundiertes, verbraucherfreundliches System, das auf einen Blick zeigt: Welche Wahl ist die bessere? Der Nutri-Score ist nicht perfekt – aber er ist ein wirksames Instrument, um eine gesündere Ernährung leichter zu machen. Für viele Konsument:innen ist er heute schon ein wichtiger Kompass im Alltag. Und je mehr Hersteller ihn nutzen, desto größer sein Potenzial.