Hintergrund

Light-Produkte – gar nicht so leicht

foodwatch/Ronald Talasz

Die Supermarktregale sind voll davon: „Light“-Produkte werben mit weniger Fett, weniger Zucker, weniger Kalorien. Trotzdem sind sie oft alles andere als „leicht“. Sie müssen zwar um 30 Prozent weniger Fett, Zucker oder Energie enthalten als vergleichbare Produkte. Gerne locken zum Beispiel Chipssackerl oder Limonaden damit. Gesünder sind sie deshalb oft noch lange nicht. Eine gesetzliche Regelung, dass nur wirklich ausgewogene Lebensmittel mit solchen Angaben werben dürfen, wird seit Jahren von der Lebensmittelindustrie blockiert. foodwatch fordert: Mit „leichten Versprechen“ sollen nur wirklich ausgewogene Produkte werben dürfen.

Das „leichte“ Versprechen

Hast du dir auch schon einmal gedacht, du möchtest dich endlich gesünder ernähren? Und dann im Supermarkt zu Produkten gegriffen, die damit werben, dass sie „light“ oder „leicht“ sind? Chips versprechen „30 Prozent weniger Fett“, Frühstücksflocken „um die Hälfte weniger Zucker“, und der Brotaufstrich ist „Kalorien-reduziert“. 

Wir Konsument*innen greifen aus verschiedensten Gründen zu Produkten, die mit solchen Botschaften locken. Sei es aus gesundheitlichen Gründen, weil wir einen Neujahrsvorsatz gefasst haben, sei es, dass die Bikini-Saison naht. Hersteller wissen das und bewerben ihre Produkte mit „leichten Versprechen“. 

Fettarm, zuckerfrei und „ohne Kalorien“

Lebensmittel und Getränke locken uns mit der Aufschrift „fettarm“, „zuckerfrei“ oder sind gleich ganz „ohne Kalorien“. Hersteller dürfen ihre Produkte damit anpreisen, wenn sie sich an gesetzlich vorgegebene Grenzwerte für eben diese Nährstoffe halten. Wie ausgewogen das Lebensmittel als Ganzes ist, darüber sagen solche Angaben nichts aus. Zum Beispiel sind gerade Limonaden gerne „zuckerfrei“ oder „ohne Kalorien“. Damit wird unsere Aufmerksamkeit auf genau diese Nährstoffe gelenkt. Die Angaben zum Rest finden wir in mühsamer Lesearbeit auf der Rückseite.

Was genau die Bezeichnungen „…arm“ oder „…frei“, also zum Beispiel „fettarm“ oder „zuckerfrei“ bedeuten, ist in der EU-Verordnung „über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben“, der sogenannten „Claims-Verordnung“, geregelt. Je nachdem, ob ein Lebensmittel fest oder flüssig ist, müssen Hersteller unterschiedliche Grenzwerte einhalten. Für uns Konsument*innen ist das im Supermarkt nicht durchschaubar.

  • Zuckerarm: max. 5 g Zucker auf 100 g oder 2,5 g auf 100 ml
  • Zuckerfrei: max. 0,5 g auf 100 g bzw. 100 ml
  • Fettarm: max. 3 g auf 100 g oder 1,5g auf 100 ml
  • Fettfrei: max. 0,5 g auf 100 g bzw. 100 ml 
  • Energiearm: max. 40 kcal (170 kJ) auf 100 g oder 20 kcal (80 kJ) auf 100 ml
  • Energiefrei: max. 4 kcal (17 kJ) auf 100 ml
  • Natriumarm: max. 0,12 g auf 100 g oder 100 ml (1)
  • Sehr natriumarm: max. 0,04 g auf 100 g oder 100 ml (1)
  • Natriumfrei/kochsalzfrei: max. 0,005 g auf 100 g oder 100 ml 

(1)    Ausgenommen davon sind natürliche Mineralwässer
Die Liste ist nur ein Auszug. Die vollständigen Angaben findest du in der „EU-Claims-Verordnung “

„Leichte Versprechen“ – gesunde Produkte?

Ob Eiscremes, Kekse oder Schoko-Müsli: Viele Lebensmittel im Supermarkt hüllen sich in „leichte Versprechen“. „30 Prozent weniger Zucker“, „fettreduziert“ oder „kalorienreduziert“: Hersteller müssen die entsprechenden Nährstoffe zwar tatsächlich verringern. Ausgewogen muss das Lebensmittel deshalb noch lange nicht sein. Als Orientierung gilt:

  • Wirbt ein Produkt mit „leicht“, „light“ oder einem Begriff, der für uns Konsument*innen die gleiche Bedeutung haben kann, muss das Produkt mindestens 30 Prozent weniger Fett, Zucker oder Energie enthalten. Es muss auch auf der Verpackung stehen, was reduziert wurde. Also zum Beispiel: „Leicht – 30 Prozent weniger Fett“. 
  • Dasselbe gilt, wenn auf der Verpackung „zuckerreduziert“ oder „fettreduziert“ steht. Dann muss dementsprechend der Fettgehalt oder der Zuckergehalt um mindestens 30 Prozent reduziert sein. 
  • Auch salzreduzierte Lebensmittel dürfen laut Claims-Verordnung mit „leicht“ beworben werden, wenn sie mindesten 30 Prozent weniger Salz als vergleichbare Lebensmittel enthalten. 

Dass an sich ungesunde Produkte mit „weniger Fett“ werben, macht sie noch lange nicht zu ausgewogenen Lebensmitteln. Chips bleiben eben Chips. Sie schmecken gut. Aber ein ganzes Sackerl hat trotzdem sehr viele Kalorien, auch wenn es „30 Prozent weniger Fett“ enthält.

30 Prozent weniger – als was eigentlich?

Hast du dir diese Frage auch schon einmal gestellt? Wenn du im Supermarkt vor dem Kühlregal stehst und einen „Frischkäse leicht“ siehst, sollte der zum Beispiel 30 Prozent weniger Fett haben als seine Nachbarn. Hersteller müssen sich bei diesen Angaben an vergleichbaren, sogenannten marktüblichen Produkten orientieren. Die können auch von einem anderen Hersteller sein. 

„Leichte Versprechen“ sollten nur für Lebensmittel erlaubt sein, die sie auch halten

Die „leichten Versprechen“ auf den Verpackungen können uns Konsument*innen nur allzu leicht in die Irre führen. Wie viel Fett, Zucker oder Kalorien ein Lebensmittel tatsächlich hat, klärt nur die kleingedruckte Nährwerttabelle auf der Rückseite der Verpackung auf. Ob es deshalb ausgewogener ist als andere, darüber bekommen wir keine Auskunft. 

Die EU-Claims-Verordnung schreibt vor, dass die Werbung mit „leichten“ Versprechen an ein ausgewogenes Nährwertprofil geknüpft werden muss: damit Hersteller ihren Fett- und Zuckerbomben nicht einfach einen „gesunden Anstrich“ verpassen können. Dieses Nährwertprofil hätte die EU schon längst entwerfen müssen – eigentlich sollte es diese Grenzwerte seit 2009 geben. Aber die Lobby der Lebensmittelindustrie blockiert seit Jahren. 

Manche Menschen müssen einfach aus gesundheitlichen Gründen streng darauf achten, dass Lebensmittel weniger oder kein Fett und keinen Zucker enthalten. Wir von foodwatch finden: Hersteller sollen weder diese Bedürfnisse noch unsere Neujahrsvorsätze ausnutzen, um ihre Produkte mit „leichten Versprechen“ in ein besseres Licht zu rücken. 

Orientierung könnte die Nährwert-Ampel geben

Seit Jahren wird auf EU-Ebene ein Modell diskutiert, das es uns Konsument*innen im Supermarkt leichter machen soll, zu ausgewogeneren Produkten zu greifen. Möglich wäre das durch die fünfstufige Nährwertfarbskala Nutri-Score. Da werden alle Inhaltsstoffe eines Lebensmittels kombiniert betrachtet. Sie würde auch zeigen, ob ein fettreduziertes Produkt wirklich ausgewogener ist. Die Lebensmittelindustrie-Lobby sperrt sich allerdings seit Jahren dagegen. Manche Hersteller verwenden den Nutri Score aber schon freiwillig.

Fazit: 

  • Viele Produkte im Supermarkt werden mit „light“ oder „leicht“ beworben. Manche versprechen weniger Fett, manche sind „zuckerarm“. Mit solchen „leichten Versprechen“ können wir Konsument*innen aber leicht in die Irre geführt werden. Damit werden nämlich gerne auch Lebensmittel und Getränke beworben, die alles andere als ausgewogen sind. 
  • In der Claims-Verordnung ist vorgesehen, dass nur Produkte mit einem ausgewogenen Nährwertprofil mit „light” oder ähnlichen Begriffen werben dürfen. Diese Nährwertprofile für die einzelnen Lebensmittelgruppen hätte die EU schon 2009 vorlegen müssen. Genau das blockiert aber die Lobby der Lebensmittelindustrie seit Jahren. 
  • Eine sinnvolle Orientierung, ob ein Lebensmittel in puncto Fett, Zucker und anderen Nährstoffen ausgewogen ist, würde die mehrstufige Nährwertampel Nutri-Score bringen. Ihre verpflichtende Einführung wird von Vertretern der Lebensmittelindustrie, aber auch von manchen EU-Staaten blockiert. Einige Unternehmen verwenden sie derzeit bereits freiwillig. 

foodwatch fordert: 

  • Wollen Hersteller ihre Produkte mit bestimmten Nährwerten oder deren Reduktion bewerben, muss auf der Vorderseite gleich klar erkennbar sein, wie es mit dem Produkt als Ganzes steht. Chips sind eben kein ausgewogenes Lebensmittel, auch wenn sie 30 Prozent weniger Fett enthalten. 
  • Die EU muss endlich Nährwertprofile zur Voraussetzung für Nährwertwerbung machen. Diese sind in der EU-Claims-Verordnung vorgeschrieben. Die Umsetzung wird seit Jahren von der Lebensmittelindustrie blockiert. 
  • Auf EU-Ebene müssen dringend strengere Regeln eingeführt werden, damit nur mehr solche Produkte mit „leichten Versprechen“ werben dürfen, die den Kriterien  des Nährwertprofil-Modells der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entsprechen. 
  • Der Nutri-Score muss auf EU-Ebene einheitlich und verpflichtend geregelt werden. Diese Nährwert-Ampel kann uns Konsument*innen auf einen Blick Klarheit geben, wie es mit dem Lebensmittel als Ganzes steht.

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